Magen-Darm-Beschwerden

„Ich musste mein Leben auf den Kopf stellen“

Wenn der Körper unzureichend das Enzym Lactase produziert, um den Milchzucker zu spalten, leidet die betroffene Person unter einer Laktoseintoleranz. In Deutschland sind 15 bis 20 Prozent der Menschen davon betroffen. Eine davon bin ich. Ich heiße Julia, bin 37 Jahre alt und komme aus Wiesbaden.

Ich hatte nicht immer eine Laktoseintoleranz. Als Kind hatte ich zwar ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Milch, aber ich hatte damals nicht die Beschwerden, die sich in den letzten zehn Jahren bei mir entwickelt haben.

Es kam der Moment, an dem ich die Augen vor der Wahrheit nicht mehr verschließen konnte.

Alles fing damit an, dass mir nach dem Genuss von Milch und Milchprodukten schlecht wurde. Irgendwann hatte ich mich dann auf Biojoghurt eingeschränkt, denn diesen vertrug ich noch. Im Bioladen äußerte dann eine Verkäuferin den Verdacht, dass ich vielleicht eine Laktoseintoleranz haben könnte. Ich wies das weit von mir, so was hatte ich nicht! Meine Mutter hatte gerade die Diagnose Zöliakie bekommen, sodass ich wusste, wie schwierig eine Ernährungsumstellung war.

Dann kam allerdings der Tag, an dem ich die Augen nicht mehr vor der Wahrheit verschließen konnte: Mit einem Freund aus England fuhr ich zur Loreley. Wir genossen – typisch deutsch! – ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte und beschlossen, den Berg zu Fuß hinunterzugehen. Für mich wurde es zum Abstieg vom Mount Everest, denn die nächste Toilette ist kilometerweit entfernt! Ich hatte fürchterliche Bauchkrämpfe, mir war schlecht und Durchfall kündigte sich an. Trotzdem habe ich noch ein halbes Jahr gebraucht, um den Test auf Laktoseintoleranz beim Gastroenterologen zu machen.

Bei diesem Test musste ich eine milchzuckerhaltige Lösung trinken und jede halbe Stunde wie bei einer Verkehrskontrolle in ein Röhrchen blasen. Das Ergebnis war eindeutig – vor allem, weil ich bereits nach der ersten halben Stunde mit Blähungen und Durchfall reagierte.

Ich ging durch ein Wechselbad der Gefühle.

Die erste Zeit nach der Diagnose war ein Wechselbad der Gefühle. Zum einen war ich froh, dass ich keine Milcheiweißallergie hatte. Denn in diesem Fall ist die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks gegeben, man muss sämtliche Milchprodukte meiden und darf keine laktosefreien Produkte verwenden. Zum anderen stand ich mit großen Fragezeichen in meiner Küche. Was durfte ich noch essen – was nicht? Der Einkauf dauerte doppelt so lang wie vorher, da ich mir nun alles durchlesen musste. Wenn ich aus mangelnder Vorsicht doch etwas Laktosehaltiges gegessen hatte, fing nach einer halben Stunde der Durchfall an, und ich war dann 24 Stunden lang außer Gefecht gesetzt.

Seit meiner Diagnose 2014 ist die Zahl der laktosefreien Produkte sprunghaft angestiegen. Selbst Schlagsahne und weiße Schokolade gibt es mittlerweile. Das Problem ist allerdings, dass man selten alles in einem Supermarkt findet und seine Einkaufswege sehr genau planen muss. Zum Beispiel gibt es meinen Lieblingsjoghurt nur in einem Geschäft in meiner Stadt, dieses Geschäft hat dann aber nicht den laktosefreien Pudding.

Aus den Zitronen des Lebens muss man halt Limonade machen.

Und dann gibt es noch das Problem beim Essengehen. Trotz der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, nach der die Restaurants die Allergene ausweisen müssten, ist Essengehen immer mit Schwierigkeiten verbunden. Für diese Fälle habe ich immer Laktasetabletten in der Tasche. Ich habe mich über die Jahre durch die verschiedenen Sorten probiert – manche helfen bei mir, andere überhaupt nicht. Aber es gibt mir Sicherheit, dass ich im Notfall die Tabletten nehmen kann, denn ohne sie würde ich bei einem Laktoseunfall das Restaurant beziehungsweise die Toilette für die nächsten zwei bis drei Stunden blockieren!

Dennoch habe ich mich damit gut arrangiert – aus den Zitronen des Lebens muss man halt Limonade machen.

Dieser Beitrag  wurde von Julia geschrieben.

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