Jährlich kommen rund 60.000 Kinder zu früh auf die Welt. Kai W. war auch ein Frühchen. Leider gab es bei der Geburt Komplikationen.
Kai, wie verlief Ihre Geburt?
Ich kam vor 39 Jahren, am zweiten Weihnachtsfeiertag, auf die Welt. Anfangs dachte meine Mutter noch, dass die Weihnachtsgans zu fettig war und sie deshalb Bauchschmerzen hatte, doch ich war es, der auf die Welt wollte. Leider war das viel zu früh, in der 29. Woche. Während der Geburt wurde mein Gehirn geschädigt, in Medizinersprache heißt das Infantile Cerebralparese. Dies hatte eine bleibende Störung des Haltungs- und Bewegungsapparates aufgrund einer Hirnschädigung zur Folge. Mein ganzes Leben brauche ich für alles länger als andere. Es hat lange gedauert das zu akzeptieren.
Ich war immer der humpelnde Außenseiter.
Inwiefern?
Naja, im Kindergarten und in der Schule wurde ich viel gehänselt. Ich hatte keine Freunde, war immer der humpelnde Außenseiter. Und ständig musste ich zu irgendeiner Therapie – Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie – das hat mich sehr gestört. Ich wollte einfach wie andere Jungs auf dem Bolzer spielen und unbeschwert Kind sein. Dieses Vergnügen hatte ich aber leider nicht.
Wie ging es im Erwachsenenleben weiter?
Eine leichte Gehbehinderung und orthopädische Probleme machen mir das Leben auch als Erwachsener nicht immer leicht. Alltägliche Dinge wie Treppen steigen, sind für mich schon eine Herausforderung. Auch einen Job zu finden war nicht leicht. Ich musste mich immer mehr durchbeißen als anderen, beweisen dass ich belastbar bin. Heute arbeite ich in der öffentlichen Verwaltung und bin sehr dankbar für diese Normalität. Ich habe Kollegen, die mich so akzeptieren wie ich bin. Das ist ein schönes Gefühl
Ich versuche mich nicht mehr mit anderen zu vergleichen.
Sie sagten am Anfang unseres Gesräches, dass es lange gedauert hat bis Sie es akzeptieren konnten.
Hat es, doch im Laufe der Jahre habe ich gelernt zu akzeptieren, dass ich anders bin. Es blieb mir ja auch nichts anderes übrig. Heute kenne ich mich und meine Grenzen. Ich weiß was ich schaffe und was nicht. Ich versuche jeden Tag zu genießen und mich nicht mehr mit anderen zu vergleichen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Eine Frau zu finden und eine eigene Familie zu gründen – das ist mein größter Wunsch.