Kopf & Psyche

„Wir haben Depressionen“

3 Betroffene scaled

Schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen erkranken irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression. Zum Welttag für psychische Gesundheit, dem Mental-Heath-Day haben wir Paula, Renate und Erik  getroffen und ihnen drei Fragen gestellt.

Paula (38): „Ich hatte schon immer Phasen, in denen es mir nicht gut ging“

Wann haben Sie gemerkt, dass etwas nicht stimmt?

Seit ich denken kann, hatte ich immer wieder Phasen, in denen es mir nicht gut ging. Ernst genommen hat das nie jemand. Als ich mit meinem Sohn schwanger war, ging es mir gut, doch nach der Geburt geriet meine Gefühlswelt ins Wanken. Zum Glück fand ich schnell eine Therapeutin, die mich ernst nahm und die dann auch die Diagnose Depression stellte.

Wie haben Freunde und Familie auf die Diagnose reagiert?

Gar nicht, ehrlich gesagt. Ich habe immer noch das Gefühl, dass sie es nicht ernst nehmen. Ich bin nach wie vor die, die für andere die Verantwortung übernimmt und meistens funktioniere.

Wie gehen Sie selbst mit der Erkrankung um?

Es gibt gute und schlechte Momente. Am meisten schwer fällt es mir, den persönlichen Ausknopf zu finden, wenn es mir schlecht geht – daran arbeite ich noch.

Renate (59): „Ich war kurz davor, meine dunken Gedanken in die Tat umzusetzen“

Wann haben Sie gemerkt, dass etwas nicht stimmt?

Vor 20 Jahren bekam ich das erste Mal Burnout diagnostiziert. Damals nahm das noch niemand ernst. „Schlaf dich mal aus, dann geht es wieder“ waren so die typischen Reaktionen. Nachdem ich den Burnout überwunden hatte, ging es mir viele Jahre gut. Doch dann kam ein Schicksalsschlag nach dem anderen. Das hat mich tief in die Depression gezogen. Es gab Tage, da wollte ich einfach nicht mehr. Als ich kurz davor war, meine Gedanken in die Tat umzusetzen, habe ich mich selbst eingewiesen – das hat mir das Leben gerettet. Ich war knapp zwei Monate dort und lernte mit meiner Depression umzugehen. Das funktionierte wieder eine Weile sehr gut. Als mein Vater im letzten Jahr starb, fiel ich wieder in ein Loch. Durch Vitamin B fand ich einen Psychiater. Er stellte mich auf Tabletten ein. Seitdem geht es wieder besser.

Wie haben Freunde und Familie auf die Diagnose reagiert?

Das kann ich pauschal nicht sagen. Ich habe viele Bekannte verloren, die damit nicht umgehen konnten. Aber ein paar sind geblieben und die stehen das jedes Mal mit mir zusammen durch – dafür bin ich sehr dankbar.

Wie gehen Sie selbst mit der Erkrankung um?

Ich habe gelernt die Krankheit anzunehmen. Wenn es mir gut geht, genieße ich mein Leben in vollen Zügen. Und wenn nicht, erlaube ich mir, auch einfach mal im Bett zu bleiben.

Erik (24): „Ich bin dankbar für den Rückhalt, den ich bekomme“

Wann haben Sie gemerkt, dass etwas nicht stimmt?

Schon als kleiner Junge sagte mein damaliger Kinderarzt, dass ich leichte depressive Verstimmungen habe. Das hörte ich später auch wieder von meinem Hausarzt. Ich beschloss das mit mir selbst auszumachen. Als ich 20 war, ging das aber nicht mehr. Meine Gedanken wurden immer düsterer und ich versuchte mir das Leben zu nehmen. Zum Glück wurde ich gefunden und in eine Klinik eingewiesen. Die Ärzte dort diagnostizierten eine schwere Depression.

Wie haben Freunde und Familie auf die Diagnose reagiert?

Anfangs sorgten sich alle sehr um mich. Meine Familie machte sich starke Vorwürfe, dass sie mich früher nicht ernster genommen haben. Sie sind immer für mich da. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Ich würde mir für alle Betroffenen wünschen, dass sie so eine Unterstützung erfahren, wie ich sie bekomme. Leider ist das nicht so. Ich kann nur allen raten, offen über ihre Probleme zu sprechen. Diejenigen, die dann zuhören, sind wahre Freunde.

Wie gehen Sie selbst mit der Erkrankung um?

Ich hatte nie ein Problem mit der Krankheit. Ich wusste schon als Kind, dass etwas nicht stimmt. Als die Diagnose kam, war ich eher erleichtert. Aber natürlich hat mein tolles Umfeld mir sehr geholfen, die Krankheit zu akzeptieren.

 

 

 

 

Hinterlassen Sie eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr über:Kopf & Psyche

0 %