Marianne und Renate sind seit über 40 Jahren befreundet. Sie leben in einem kleinen Ort bei Freiburg, beide über 70, beide bescheiden. Sie haben gearbeitet, gespart, Kinder großgezogen und vieles miteinander geteilt. Nun, wo sie beide Witwen sind und die Jahre leiser werden, haben sie entschieden: Was bleibt, soll Gutes bewirken. Ein Gespräch über die Frage, was bleibt, wenn man geht.
Erinnern Sie sich an den Moment, an dem Sie beschlossen haben, Ihr Vermögen zu spenden?
Marianne: Ja, sehr gut. Es war ein Nachmittag im Garten. Wir haben Tee getrunken und über einen Artikel gesprochen, in dem es um Testamentsspenden ging. Renate meinte: „Eigentlich ist das genau das Richtige. Wir können nichts mitnehmen – also können wir auch etwas geben.“ Das war kein großer Moment, aber einer, der sich richtig angefühlt hat.
Renate: Wir haben dann tagelang immer wieder darüber gesprochen. Was ist uns wichtig? Wem trauen wir? Wir wollten nicht, dass das Geld in Verwaltung verschwindet. Es soll Menschen erreichen, die Unterstützung brauchen.
Wie haben Sie entschieden, wohin das Geld gehen soll?
Marianne: Wir haben uns verschiedene Organisationen angesehen. Hospizarbeit, Kinderhilfe, medizinische Projekte. Am Ende war uns wichtig, dass es um Lebensqualität geht, um Hilfe, die wirklich ankommt. Wir haben gemeinsam drei Einrichtungen ausgewählt. Welche, behalten wir für uns. (lacht)
Renate: Uns war aber wichtig, dass alles transparent ist. Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen, mit zwei Organisationen am Telefon und eine haben wir sogar getroffen. Da saßen keine Marketingleute, sondern Menschen, die wirklich etwas bewegen wollen. Das hat uns gefallen.
Gab es Zweifel oder Ängste?
Renate: Natürlich. Es ist seltsam, über das eigene Ende zu sprechen. Aber es macht auch ruhig. Ich weiß jetzt, was mit meinem Lebenswerk passiert. Das gibt Frieden.
Marianne: Viele verdrängen das Thema. Sie sagen: „Darüber reden wir später.“ Aber später kommt oft nicht. Ich wollte es geregelt wissen, solange ich klar denken kann.
Wie haben Familie und Freunde reagiert?
Marianne: Unterschiedlich. Einige fanden es sofort schön. Andere waren überrascht. Aber die meisten verstehen es. Wir haben beide Kinder, aber wir haben uns gekümmert, dass alle versorgt sind. Was übrig bleibt, kann anderen helfen.
Renate: Ich habe immer gesagt: Wir geben nicht weg, was uns gehört. Wir geben weiter, was wir bewahrt haben. Das ist etwas anderes.
Was hat dieser Prozess mit Ihnen persönlich gemacht?
Renate: Ich habe gelernt, loszulassen. Früher habe ich alles kontrolliert – Konten, Versicherungen, Verträge. Jetzt denke ich: Das Wichtigste lässt sich nicht zählen. Es geht um Vertrauen.
Marianne: Es hat unsere Freundschaft auch noch einmal vertieft. Nach all den Jahren hätte ich das nie gedacht, aber es ist so.
Wie fühlt es sich heute an, eine so weitreichende Entscheidung getroffen zu haben?
Renate: Friedlich. Ich bin ruhiger geworden. Ich glaube, wenn man weiß, dass das, was man hatte, weiterwirkt, sieht man das Leben mit anderen Augen.
Marianne: Für mich ist es ein schöner Gedanke, dass etwas bleibt, das anderen nützt. Vielleicht profitiert irgendwann ein Mensch, den wir nie kennenlernen werden. Das reicht mir.
Was würden Sie anderen raten, die über eine Testamentsspende nachdenken?
Marianne: Reden Sie darüber. Jetzt, nicht irgendwann. Es klärt vieles und nimmt die Angst.
Renate: Und informieren Sie sich gut. Sprechen Sie mit den Organisationen, hören Sie auf Ihr Gefühl. Wenn Sie Vertrauen spüren, dann ist Ihr Geld richtig angelegt.
Was bleibt, wenn Sie einmal gehen? Was wünschen Sie sich?
Marianne: Dass jemand, der leidet, Hilfe bekommt. Dass ein Kind Hoffnung spürt.
Renate: Und dass unsere Entscheidung zeigt, dass man auch ohne großen Reichtum etwas bewirken kann. Wir haben nicht viel, aber genug, um etwas weiterzugeben. Und das fühlt sich gut an.
Das Interview führte Emma Howe











