Krebs

BPDCN: Eine seltene und oft spät erkannte Blutkrebserkrankung

BP

Prof. Dr. med. Niklas Gebauer
Oberarzt und Leiter des Bereichs für Translationale Lymphomforschung an der Klinik für Hämatologie und
Onkologie, UKSH, Campus Lübeck

Blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie, kurz BPDCN, ist eine seltene, aber äußerst aggressive Form des Blutkrebses, die aufgrund unspezifischer Symptome häufig erst spät diagnostiziert wird. Prof. Dr. med. Niklas Gebauer spricht über die Herausforderungen bei der Diagnostik, die Besonderheiten der Therapie und die Auswirkungen der Erkrankung auf die Lebensqualität der Patienten.

Lieber Herr Prof. Dr. Gebauer, wie viele Patienten mit BPDCN behandeln Sie pro Jahr?

In unserem Zentrum sehen wir jährlich maximal ein bis zwei Patienten, in manchen Jahren auch keinen einzigen. Innerhalb unseres lokalen Netzwerks blicken wir in derselben Zeit auf höchstens drei bis vier Fälle. Dabei ist der „typische“ Patient mit BPDCN männlich, etwa 70 Jahre alt und hat gelegentlich eine Vorgeschichte von anderen hämatologischen Erkrankungen.

Mit welchen Symptomen äußert sich die Erkrankung?

Die Symptome der BPDCN sind vielfältig und werden insbesondere durch die individuelle Ausbreitung bestimmt. Oft zeigen sich bei diesen Patienten zunächst schmerzlose Hautveränderungen, wie rötlich violette Plaques oder Knoten. Unbehandelt folgen nach wenigen Wochen bis Monaten systemische Symptome wie Müdigkeit, Gewichtsverlust oder Fieber. Die initialen Hautläsionen werden leider oftmals nur verzögert der BPDCN zugeordnet, da sie Ähnlichkeit mit anderen Hauterkrankungen aufweisen können, speziell mit Autoimmunerkrankungen, Ekzemen oder Lymphomen. Im späteren Verlauf kommen dann die typischen Symptome einer akuten Leukämie mit Blutbildveränderungen und einer Infektanfälligkeit hinzu. Diese ergeben sich aus dem Befall und der zunehmenden Verdrängung des Knochenmarks.

Warum wird BPDCN häufig erst spät erkannt?

Die Seltenheit der Erkrankung – weniger als ein Prozent aller Blutkrebserkrankungen – und die zu Beginn unspezifischen Symptome tragen dazu bei, dass die BPDCN oftmals spät diagnostiziert wird. Nicht nur die Hautveränderungen, sondern auch die späteren systemischen Symptome sind nicht spezifisch und können auch bei anderen Krankheiten auftreten. Die Diagnose erfordert eine spezialisierte hämatologische bzw. histologische Untersuchung bei der spezifische Oberflächenmarker der bösartigen Zellen, insbesondere in Abgrenzung zur deutlich häufigeren akuten myeloischen Leukämie (AML), geprüft werden. Hierfür bedarf es oft der Zweitbegutachtung durch spezialisierte Zentren.

Wie erfolgt die Diagnose und welche Rolle spielen die Oberflächenmarker?

Die Diagnose der BPDCN basiert auf einer Kombination aus klinischer Untersuchung, histopathologischer Analyse und immunologischer Charakterisierung. Haut- oder Knochenmarksbiopsien sind in der Regel notwendig, um die Diagnose zu stellen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei einer spezifischen Kombination aus Oberflächenmarkern zu, insbesondere CD123, CD4 und CD56, die bei BPDCN charakteristisch exprimiert werden. Das spezifische Zusammentreffen dieser drei Marker ist entscheidend, um die BPDCN von anderen Erkrankungen zu unterscheiden.

Was passiert nach der Diagnosestellung und wie wird der Behandlungsplan festgelegt?

Nach der Diagnosestellung wird die systemische Ausbreitung evaluiert, unter anderem durch bildgebende Verfahren und eine Untersuchung des Knochenmarks, um die Diagnose zu sichern und Organbeteiligungen festzustellen. Der Behandlungsplan wird in der Regel interdisziplinär, im Rahmen einer Tumorkonferenz, festgelegt. Faktoren wie das Alter und der allgemeine Gesundheitszustand der Patienten spielen dabei eine entscheidende Rolle. Ziel ist es, eine personalisierte Therapie zu entwickeln, die sowohl die Heilungschancen maximiert als auch die Lebensqualität berücksichtigt.

Welche Therapieoptionen gibt es für Patienten?

Die Therapieoptionen haben sich in den letzten Jahren erheblich entwickelt. Traditionell wurden intensive Chemotherapien aus der Leukämietherapie eingesetzt, gefolgt von einer Stammzelltransplantation. Diese Ansätze sind jedoch oft mit ausgeprägten Nebenwirkungen verbunden, was die Therapie von Patienten mit relevanten Begleiterkrankungen erschwert. Inzwischen stehen spezifisch entwickelte, gezielte Therapien mit deutlich besserer Verträglichkeit und Wirksamkeit zur Verfügung. In geeigneten Fällen ermöglicht eine Stammzelltransplantation im Therapieverlauf eine Heilung.

Wie beeinflusst die Behandlung die Lebensqualität der Patienten?

Der Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten unterscheidet sich interindividuell erheblich. Während moderne gezielte Therapien häufig besser verträglich sind als klassische Chemotherapien, können dennoch schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten, insbesondere auch im Rahmen der Stammzelltransplantation. Eine enge Begleitung durch ein spezialisiertes, interdisziplinäres Team spielt eine entscheidende Rolle, um eine bestmögliche Lebensqualität der Patienten während und nach der Behandlung zu erreichen und auch Spätfolgen der Therapien rechtzeitig zu entdecken und zu behandeln.

Autorin: Emma Howe

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