Thomas ist 48 Jahre alt und lebt seit seiner Jugend mit einer seltenen Stoffwechselerkrankung. Er arbeitet als Softwareentwickler, liebt schwarzen Humor und klare Worte. Im Interview spricht er über Kontrolle, Frustration – und warum er die SEBRACON nicht nur als Event, sondern als Signal sieht.
Thomas, seltene Erkrankungen sind für viele eine Black Box. Wie erklärst du dein Leben damit?
Ich versuch’s gar nicht groß zu erklären – die meisten hören sowieso nur bis zum Wort „selten“ und sind dann raus. Für mich ist das Leben mit meiner Erkrankung wie ein Betriebssystem, das ständig im Hintergrund läuft. Ich muss ständig optimieren, Patches einspielen, Systeme neustarten. Aber nach außen sieht man nur den Bildschirmhintergrund.
Was ist für dich die größte Herausforderung?
Nicht gesehen zu werden. Ich hab kein Pflaster im Gesicht, keinen Rollstuhl, keine dramatischen Szenen. Ich funktioniere. Aber was es mich kostet – das sieht keiner. Und manchmal möchte ich einfach sagen dürfen: Ich bin erschöpft. Ohne mich rechtfertigen zu müssen.
Und medizinisch?
Da hab ich vieles erlebt. Gute Ärzte, aber auch solche, die mich als Kuriosität behandeln. Ich wünsche mir mehr Zuhören, mehr Neugier, weniger Schubladen. Ich kenn meinen Körper ziemlich gut – das sollte mehr zählen im Gespräch.
Du nimmst an der SEBRACON teil – warum?
Weil ich glaube, dass sich was ändern kann, wenn wir laut werden. Wenn wir nicht nur Geschichten erzählen, sondern auch Forderungen stellen. Ich will kein Mitleid – ich will Mitsprache. Die SEBRACON ist ein Raum, wo beides sein darf: Emotion und Haltung. Und ich hoffe auf echte Gespräche – auch mit Fachleuten. Nicht über uns, sondern mit uns.
Was wünschst du dir von der Gesellschaft?
Mehr Bereitschaft, hinzusehen. Man muss keine Krankheit verstehen, um einem Menschen mit Respekt zu begegnen.
Danke, Thomas – wir freuen uns, dich bei der SEBRACON zu treffen.
Das Interview führte Leonie Zell