SEBRACON

„Wieder im eigenen Körper zuhause sein“

Header mit Gesicht Katja.pg

Katja Sandschneider lebt seit ihrer Geburt mit einer inkompletten Querschnittlähmung. Ab der rechten Hüfte und im rechten Bein funktioniert ihre Muskulatur nur noch zu etwa fünf bis zehn Prozent. Schon früh lernte sie, dass Bewegung für sie anders aussieht als für andere. Lange Zeit war ihr Alltag geprägt von Schmerzen, Einschränkungen und dem Versuch, „normal“ mitzuhalten. Yoga hat ihr Leben verändert: Statt Defizite zu betonen, schenkte es ihr einen neuen Zugang zu ihrem Körper und zu innerer Stärke. Heute leitet sie in Berlin YOGA barrierefrei und zeigt, dass Yoga wirklich für alle da ist – auch für Menschen mit seltenen Erkrankungen. Auf der SEBRACON wird sie einen Workshop anbieten und ihre Erfahrungen teilen.

Liebe Katja, du bist mit einer Querschnittlähmung aufgewachsen. Wie hat das deinen Alltag geprägt?

Meine Einschränkung war immer präsent – ich konnte nie so laufen oder mich bewegen wie andere Kinder, habe aber dennoch am Sport teilgenommen so gut ich konnte. Von Anfang an hatte ich den starken Willen, trotz körperlicher Grenzen ein aktives Leben zu führen. So lernte ich früh, Bewegungen und Aktivitäten an meine Möglichkeiten anzupassen – ein kreativer Umgang, der mir bis heute in meiner Yoga-Praxis zugutekommt.

Wann hast du Yoga entdeckt – und was hat es für dich verändert?

2011 habe ich mit Yoga angefangen. Schon nach den ersten Stunden merkte ich: Das ist anders. Es ging nicht um Leistung, sondern darum, in meinen Körper hineinzuspüren. Ich konnte mich entspannen, besser atmen, Schmerzen loslassen. Zum ersten Mal fühlte ich diese faszinierende Kombination, dass mein Körper gestärkt und gleichzeitig entspannter ist.

Wie war es, in klassischen Yogakursen mitzumachen?

Ich hatte das Glück, auf offene Yogalehrende zu treffen, die mir eine Teilnahme ermöglichten. Viele meiner Schülerinnen und Schüler hingegen machten schlechte Erfahrungen und wurden teils von Studios abgewiesen. Auch wenn sich manches bereits verbessert hat, ist die Szene noch immer wenig barrierefrei – und genau das hat mich motiviert, YOGA barrierefrei zu gründen.

Was bedeutet „barrierefrei“ in deinem Verständnis?

Yoga so anzupassen, dass alle mitmachen können. Mit Hilfsmitteln, im Sitzen oder Stehen, je nach Möglichkeit. Es geht nicht um Perfektion, sondern darum, dass jeder Entspannung, Kraft oder Ruhe findet. Yoga soll sich an den Menschen anpassen – nicht umgekehrt.

Warum ist Yoga für Menschen mit seltenen Erkrankungen besonders wertvoll?

Menschen mit seltenen Erkrankungen haben oft ähnliche Herausforderungen wie ich: Schmerzen, Müdigkeit, Bewegungseinschränkungen, dazu das Gefühl, nicht dazuzugehören. Yoga kann helfen, diese Belastungen besser zu tragen. Es unterstützt und kräftigt den Körper sanft, bringt Ruhe in den Kopf, hilft beim Atmen und beim Loslassen. Aber noch wichtiger finde ich: Yoga schenkt das Gefühl, wieder im eigenen Körper zuhause zu sein. Viele Betroffene erleben ihren Körper nur über Einschränkungen oder Schmerzen. Yoga zeigt, dass da auch noch etwas anderes ist: Lebendigkeit, Kraft, Freude.

Was erwartet die Teilnehmenden in deinem Workshop bei der SEBRACON?

Wir werden gemeinsam einfache, anpassbare Übungen im Sitzen machen – Bewegungen, die jeder auf seine Weise ausführen kann. Dazu kommen Atemübungen und kleine Meditationen. Jeder kann im eigenen Tempo üben und erleben, dass mehr möglich ist, als man denkt. Und: Wir machen es gemeinsam – Yoga schafft Verbindung.

Was ist deine wichtigste Botschaft?

Yoga ist für alle da. Niemand soll sich ausgeschlossen fühlen. Ich möchte, dass die Teilnehmenden spüren: „Das ist auch für mich möglich.“ Yoga muss nicht perfekt aussehen – es muss sich gut anfühlen.

Das Interview führte Leonie Zell

 

Ich bin Mathias Furch, Moderator mit dem Schwerpunkt auf Healthcare- und Patientenkommunikation. Als ehemaliger Intensivpfleger kenne ich beide Seiten des Gesundheitssystems: den Klinikalltag ebenso wie die Perspektive von Patient:innen. Heute moderiere ich Panels, Events und Podcasts zu seltenen Erkrankungen und spreche dort, wo Betroffene eine Bühne brauchen.

Warum ich Teil der SEBRACON bin

Die SEBRACON bringt Menschen mit seltenen Erkrankungen auf die Bühne, genau dorthin, wo ihre Perspektiven hingehören. Als Moderator begleite ich Patientengespräche und Talkrunden, bei denen nicht über, sondern mit Betroffenen gesprochen wird. Ihre Lebensgeschichten stehen dabei im Mittelpunkt. Denn nur, wenn echte Erfahrungen Raum bekommen, kann Teilhabe auf Augenhöhe entstehen.

Mein persönlicher Fokus liegt auf der aktiven Einbindung von Betroffenen – in Gespräche mit Ärzt:innen, Angehörigen, Selbsthilfegruppen und Vertreter:innen aus Forschung und Industrie. Ich moderiere bei der SEBRACON, um die Stimmen zu verstärken, die sonst zu oft überhört werden.

Seltene Erkrankungen brauchen Sichtbarkeit. Nicht irgendwann – sondern jetzt. Und genau deshalb bin ich dabei.

Foto: Sven Serkis

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