Lungenerkrankungen

„Es ist keine Strafe, sondern eine Krankheit“

COPD

Hans Werner Klausen war Werkzeugmacher und ein Lebemann. Heute bestimmt die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung seinen Alltag. Er spricht über den Moment der Diagnose, die Angst vor Atemnot, über Schuldgefühle, Scham und seinen letzten Wunsch.

Herr Klausen, erinnern Sie sich an den Moment, an dem Sie zum ersten Mal gemerkt haben, dass etwas mit Ihrer Atmung nicht stimmt?

Es fing mit Husten am Morgen an. Ich dachte, das kommt vom Rauchen. Nach ein paar Monaten war ich schon nach wenigen Metern außer Atem. Ich musste mich öfter hinsetzen. Da bin ich zum Arzt gegangen.

Was ergab die Untersuchung?

Der Lungenarzt machte eine Lungenfunktionsprüfung. Dabei wurde unter anderem der sogenannte FEV1/FVC-Wert gemessen, also das Verhältnis zwischen der ausgeatmeten Luftmenge in der ersten Sekunde und der gesamten Ausatemkapazität. Mein Wert lag deutlich unter dem Grenzwert. Damit war klar: Ich habe eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD. Bei mir wurde Stadium 3 festgestellt, eine fortgeschrittene Form, bei der die Atemwege dauerhaft verengt sind und die Lungenfunktion schon stark eingeschränkt ist.

Wie haben Sie auf die Diagnose reagiert?

Ich war geschockt. Ich wusste, dass Rauchen nicht gesund ist, aber ich habe das Risiko verdrängt. Ich dachte, mich trifft es nicht. Dann kam die Quittung. Ich war wütend auf mich selbst.

Wann haben Sie mit dem Rauchen aufgehört?

Direkt nach der Diagnose. Der Arzt war sehr deutlich: Wenn ich weitermache, verliere ich noch mehr Lungenfunktion. Das hat gesessen. Die ersten Wochen waren hart. Ich habe über 40 Jahre geraucht. Aber ich wollte noch ein bisschen leben. Der Wille war stärker als die Sucht.

Welche Symptome bestimmen heute Ihren Alltag?

Die Atemnot bleibt. Treppensteigen ist schwer. Ich benötige ein Sauerstoffgerät zum Überleben, da die Lunge die Grundversorgung des Körpers mit Sauerstoff nicht mehr sicherstellen kann. Nach kurzen Strecken brauche ich eine Pause. Der Husten ist morgens und abends stärker. Ich bin schneller müde als früher.

Wie haben Sie Ihren Alltag angepasst?

Ich gehe jeden Tag langsam mit meiner Frau spazieren, meist zehn bis 15 Minuten. Ich plane viele Pausen ein und erledige nur das Nötigste. Ich nutze manchmal auch meinen Rollator, wenn ich weiter gehen muss. Ich achte darauf, mir die Kräfte gut einzuteilen.

Welche medizinische Behandlung hilft Ihnen?

Ich nehme Inhalationsmedikamente – Bronchodilatatoren und ein Cortisonpräparat. Und natürlich die Sauerstofftherapie. Ich war in einer Lungenrehabilitation. Dort habe ich gelernt, wie ich richtig atme und trainiere. Diese Kombination hält mich stabil und ich hoffe, dass das noch lange so bleibt.

Gab es Rückschläge?

Ja, vor zwei Jahren. Ich hatte eine starke Verschlechterung. Ich bekam kaum Luft und kam ins Krankenhaus. Danach hatte ich Angst, dass das wieder passiert. Ich habe gelernt, auf Warnzeichen zu achten.

Welche Warnzeichen meinen Sie?

Wenn der Husten zunimmt oder der Auswurf sich verändert. Wenn ich deutlich mehr Atemnot spüre oder ungewöhnlich müde bin. Dann gehe ich sofort zum Arzt. Früher habe ich solche Zeichen übergangen. Heute nehme ich sie ernst.

Wie gehen Sie psychisch mit der Erkrankung um?

Anfangs habe ich mich zurückgezogen. Ich konnte vieles nicht mehr machen und habe mich auch geschämt. Dann bin ich einer Selbsthilfegruppe im Internet beigetreten. Wir treffen uns einmal im Monat zu einem digitalen Austausch. Das hilft mir sehr. Ich merke, ich bin nicht allein. Meine Familie unterstützt mich, aber sie kann nicht nachempfinden, wie sich diese Krankheit anfühlt.

Welche Tipps geben Sie anderen Betroffenen?

Das Wichtigste ist: Hören Sie sofort mit dem Rauchen auf. Jeder Tag ohne Zigarette zählt und hilft Ihrer Lunge, sich zu stabilisieren. Gehen Sie früh zum Arzt, wenn Sie länger Husten oder Atemnot haben – je früher die Diagnose, desto besser lässt sich die Krankheit bremsen. Bewegen Sie sich regelmäßig, auch wenn es anstrengend ist. Schon kleine Spaziergänge oder einfache Übungen verbessern die Atmung. Lernen Sie Atemtechniken und teilen Sie Ihre Kräfte gut ein. Und suchen Sie den Austausch mit anderen. Eine Selbsthilfegruppe kann enorm entlasten, weil man merkt: Man ist nicht allein.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich möchte so lange wie möglich aktiv bleiben. Ich möchte auch gern noch einmal mit meiner Frau verreisen. Vielleicht auf eine Kreuzfahrt. Dort ist die medizinische Versorgung gesichert und wir können noch einmal zusammen etwas erleben. Ich wünsche mir auch, dass COPD ernster genommen wird. Viele wissen gar nicht, was diese Krankheit bedeutet. Und es ist nicht immer Rauchen der Auslöser, auch wenn es bei mir so war. Dennoch ist COPD eine Erkrankung und keine Strafe.

Was würden Sie Ihrem früheren Ich sagen?

Hör auf mit dem Rauchen, solange du noch Luft hast. Ich hätte viel früher aufhören sollen. Und ich würde sagen: Schieb nichts auf. Gesundheit ist kein Selbstläufer.

Das Interview führte Leonie Zell


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