Krebs

„Ein Gliom kann jeder bekommen“

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Prof. Dr. Friederike Schmidt-Graf
Fachärztin für Neurologie,
Palliativmedizin, Medikamentöse
Tumortherapie; Oberärztin am Klinikum rechts der Isar, TU München

Im Interview erläutert Prof. Dr. Friederike Schmidt-Graf, was Gliome sind, wie häufig sie vorkommen, wie sie diagnostiziert werden und welche Therapieoptionen es gibt. Zudem erklärt sie, warum eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung von entscheidender Bedeutung ist.

Frau Prof. Dr. Schmidt-Graf, was ist ein Gliom?

Ein Gliom ist ein Hirntumor, der aus den Gliazellen des Nervensystems entsteht und meist im Gehirn, seltener im Rückenmark auftritt. Nach der WHO-Klassifikation gibt es vier Grade: Grad 1 ist gutartig, Grad 4 sehr bösartig. Leider sind die Grad-4-Gliome, dazu gehören auch die sogenannten Glioblastome, am häufigsten. Gliome machen 30 bis 50 Prozent der Hirntumoren aus. Grad-1-Tumore treten häufiger bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, während Grad-4-Tumore häufig zwischen 55 und 65 Jahren diagnostiziert werden.

Wie sind die Überlebensraten bei Gliomen?

Die Überlebensraten variieren stark je nach Tumorgrad. Bei Glioblastomen liegt die Überlebenszeit oft nur bei wenigen Monaten.

Wie läuft die Diagnosestellung ab?

Die Diagnose erfolgt meist aufgrund neurologischer Symptome wie Kopfschmerzen oder epileptischer Anfälle. Zunächst wird ein Bild vom Kopf erstellt – in Notfällen per CT, standardmäßig jedoch per MRT. Die Bestätigung der Diagnose erfolgt durch eine Biopsie oder eine Operation. Bei einer OP unterscheidet man zwischen Teil- und Komplettresektionen, wobei immer darauf geachtet wird, neurologische Funktionen wie Sprache oder Motorik zu erhalten.

Welche Therapien kommen bei Gliomen zum Einsatz?

Standardmäßig besteht die Behandlung aus einer Operation, meist gefolgt von Bestrahlung und Chemotherapie. Besonders bei Glioblastomen wird eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie durchgeführt. Im Krankheitsverlauf kann es zusätzlich hilfreich sein, im Rahmen eines molekularen Tumorboards nach einer möglichen zielgerichteten Therapie zu suchen, was leider nicht immer gelingt.

Gibt es Fortschritte in der Behandlung?

In den letzten Jahren haben sich die Überlebensdaten verbessert. Fortschritte gibt es vor allem bei präziseren Operationstechniken, nebenwirkungsärmeren Strahlentherapien und experimentellen Ansätzen wie Immuntherapien. Eine interdisziplinäre Betreuung in neuroonkologischen Zentren hat ebenfalls die Versorgung optimiert. Darüber hinaus wird bei Glioblastomen die sogenannte TTFields-Therapie eingesetzt.

Was ist die TTFields-Therapie?

TTFields sind Tumortherapiefelder (Tumor Treating Fields), eine innovative Behandlungsmethode, die bei Glioblastomen als Teil der Standardtherapie angeboten wird. Sie wird aktuell nach Abschluss der kombinierten Strahlen- und Chemotherapie eingesetzt. Dabei tragen Patienten Elektroden (sogenannte Arrays, dabei handelt es sich um Keramik-Gelpads) auf der Kopfhaut, die elektrische Felder erzeugen, um das Wachstum von Tumorzellen zu hemmen. Die Therapie kann die Lebensdauer der Patienten verlängern.

Wie wichtig ist ein vertrauensvoller Arzt-Patienten-Kontakt?

Ein vertrauensvolles Verhältnis zum behandelnden Arzt ist entscheidend. Fühlt sich ein Patient nicht gut betreut, ist es sinnvoll, eine zweite Meinung einzuholen oder sich einen anderen Arzt zu suchen. In jedem Fall ist ein Kontakt zu einem interdisziplinären neuroonkologischen Zentrum wichtig und sinnvoll. Die Gewissheit, optimal betreut zu werden, trägt wesentlich dazu bei, dass sich Patienten bestmöglich unterstützt fühlen – medizinisch und menschlich.

Autorin: Leonie Zell

 

 

 

 

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