Der Krebs hat mir schon vieles genommen … meine Brüste, meine Gebärmutter, meine Eierstöcke – alles, was die Weiblichkeit ausmacht –, aber meinen Stolz und die Zuversicht auf Heilung nicht!
Sandra hat in ihrem Leben bereits eine schwere Zeit hinter sich. Vor vier Jahren kämpfte sie gegen eine Brustkrebserkrankung. Mit unerschütterlichem Mut und der Unterstützung ihrer Familie meisterte sie die intensiven Herausforderungen, die mit der Behandlung einhergingen. Doch nun, nur wenige Jahre später, erhielt sie erneut die Diagnose Krebs.
Liebe Sandra, du hast in der Vergangenheit schon schwere Zeiten durchgemacht, als du gegen Brustkrebs gekämpft hast. Nun bist du erneut mit einer Krebsdiagnose konfrontiert worden. Bitte erzähl uns davon.
Es war Anfang letzten Jahres, als ich plötzlich sehr starke Blutungen bekam. Das hat mich sofort beunruhigt, weil ich durch meine vorherigen Therapien bereits in den Wechseljahren bin und seit fast zwei Jahren keine Blutungen mehr hatte. Doch plötzlich, nach dieser langen Zeit, traten sie wieder auf – und das in einer Intensität, die mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Es war so stark, dass ich keine Tampons oder Binden mehr nutzen konnte, weil das Blut mir buchstäblich die Beine hinunterlief.
Dann bin ich zu meiner Frauenärztin gegangen. Sie beruhigte mich und meinte, dass sich wahrscheinlich mein Hormonspiegel erholt hatte und es sich um normale Regelblutungen handelte. Ich war zu dem Zeitpunkt 43 Jahre alt. Und im Prinzip hat man da ja noch die Regel. Doch die Blutungen hörten nicht auf – sie zogen sich über vier Wochen hin. Ich ging wieder zu meiner Frauenärztin und sie ordnete eine Ausschabung an. Bei dieser wurde ich leider verletzt und die Wunde musste in der Scheide genäht werden. Einige Wochen später bekam ich dann die Diagnose aggressiver, schnell wachsender Gebärmutterschleimhautkrebs.
Wie hast du die Nachricht aufgenommen?
Es war wirklich hart. Als ich das erste Mal Kebs bekam, hatte ich Panikattacken, ich hyperventilierte und war völlig überwältigt von der Angst. Diesmal war ich gefasster – vielleicht, weil ich wusste, was auf mich zukommt. Aber ich war auch sehr wütend auf meinen Körper, weil mehrere Ärzte mir sagten, dass es sich um eine neue Erkrankung handelt, die nichts mit meinem früheren Brustkrebs zu tun hat. Es gab keinen genetischen Hintergrund, keine klare Ursache – es war einfach nur Pech. Der Moment, als mir die Ärzte erklärten, dass mir die Gebärmutter, die Eierstöcke, die Eileiter, 28 Lymphknoten und sogar der Blinddarm entfernt werden müssten, war wirklich ernüchternd. Ich versuchte, stark zu bleiben, besonders für meine Familie. Aber nach der Operation, mit einer riesigen Narbe über meinem Bauch und den starken Schmerzen, fühlte ich mich oft einfach nur erschöpft und ausgelaugt.
Meine Kinder sind mein größter Halt. Für sie schaffe ich es, jeden Morgen aufzustehen und nicht aufzugeben.
Wie hat deine Familie auf die Diagnose reagiert?
Mein Kleiner ist gerade mal vier Jahre alt, der Große ist jetzt zwölf. Es war mir wichtig, ihm die Situation so einfach wie möglich zu erklären. Ich sagte ihm: „Mama ist wieder krank, aber wir kriegen das hin.“ Es war mir wichtig, ihm Hoffnung zu geben, ihn nicht im Unklaren zu lassen. Der Große hat mich wie beim ersten Mal unterstützt, als die Haare ausfielen. Er hat sie mir abgeschnitten und sie rasiert. Mit zwölf Jahren versteht er leider schon, was die Krankheit Krebs bedeutet, und er fragt mich immer wieder, ob ich gesund werde. Da ich fest daran glaube und ihm natürlich auch die Angst nehmen möchte, seine Mama zu verlieren, sage ich ihm: „Mama wird wieder gesund.“
Meine Kinder waren und sind mein größter Halt. Besonders auch in den dunklen Momenten, wenn ich mich schwach, verletzlich und überfordert fühle, geben sie mir die Kraft, nicht aufzugeben. Schließlich will ich mindestens 80 Jahre alt werden (lacht) und eine tolle Oma sein. Genauso wie es meine Mama für meine Kinder war, bevor sie starb.
Wie ging es nach der Operation weiter?
Nach der Operation hatte ich einen dauerhaften Ausfluss, der wie Wasser war. Anfangs dachte ich, es sei Wundwasser, doch kurz darauf wurde ein Polyp entdeckt. Es stellte sich heraus, dass es sich wieder um Krebs handelte – diesmal eine Scheidenmetastase. Der Verdacht war, dass während der Ausschabung Krebszellen in die Verletzung geschmiert worden waren. Ich musste erneut operiert werden, und es stellte sich heraus, dass die Schnitt-ränder leider nicht frei von Krebszellen waren. Danach folgten sechs Chemotherapien mit zwei unterschiedlichen Medikamenten. Gegen Ende hatte ich starke Nebenwirkungen, aber ich zog es durch – für meine Familie und für mich selbst. Jetzt steht noch eine intensive Bestrahlungstherapie an.
Die Hoffnung und Zuversicht sind entscheidend für den Therapieerfolg und die Lebensqualität.
Wie schaffst du es, trotz all dieser Rückschläge so stark zu bleiben?
Ehrlich gesagt, manchmal weiß ich es selbst nicht. Aber ich habe schon früh im Leben gelernt, zu kämpfen. Ich habe beide Elternteile verloren und meinen großen Sohn lange Zeit allein großgezogen. Diese Erfahrungen haben mich geprägt. Aber vor allem sind es meine Kinder, die mich immer wieder aufrichten. Sie brauchen mich, und ich muss einfach funktionieren. Jeden Morgen aufstehen, Frühstück machen, sie für die Schule und den Kindergarten fertig machen – das gibt mir Struktur und lenkt mich ab. Der Alltag hält mich am Leben und verhindert, dass ich in ein dunkles Loch falle. Zudem habe ich das große Glück, von einem unterstützenden Umfeld umgeben zu sein. Mein Partner, meine Freunde, meine Kollegen und auch mein Chef stehen immer hinter mir. Diesmal habe ich sogar während der Chemotherapie gearbeitet – von zu Hause aus, wann immer es mir möglich war. Dieses Gefühl, gebraucht zu werden, gibt mir Kraft. Es ist nicht nur das physische Durchhalten, sondern auch das Gefühl, dass ich nicht allein bin. Dieses Gefühl, von anderen getragen zu werden, hilft mir, wieder aufzustehen, selbst wenn ich mich völlig ausgelaugt fühle.
Was sind deine Hoffnungen für die Zukunft?
Ich hoffe, wieder gesund zu werden und nie wieder mit der Diagnose Krebs in meinem Leben konfrontiert zu werden. Der Krebs hat mir schon vieles genommen – meine Brüste, meine Gebärmutter, meine Eierstöcke, unzählige Lymphknoten, alles, was die Weiblichkeit ausmacht. Aber meinen Stolz und die Zuversicht auf Heilung hat er mir nicht genommen! Mein Vertrauen in meinen Körper ist zwar erschüttert, aber ich versuche, positiv zu bleiben. Ich lasse jetzt jede Kleinigkeit abklären, weil ich nichts übersehen möchte.
Am wichtigsten ist mir, für meine Kinder da zu sein. Ich möchte sie aufwachsen sehen, und ich möchte zurück zu einem Leben, das nicht ständig von Angst geprägt ist. Ich weiß, dass das Zeit braucht, aber ich werde es schaffen – denn es gibt keinen Plan B.
Ich denke oft darüber nach, was ich nach dieser ganzen Zeit erreichen möchte. Natürlich will ich einfach gesund werden, aber ich möchte auch das Leben in vollen Zügen genießen – mit meinen Kindern, mit meiner Familie und mit den Menschen, die mir nahestehen. Es gibt so viel, worauf ich mich freuen kann, und darauf will ich mich konzentrieren.
Was möchtest du anderen Betroffenen raten?
Sucht den Austausch mit anderen Betroffenen und holt euch Unterstützung. Die Hoffnung und Zuversicht sind entscheidend für den Therapieerfolg und die Lebensqualität. Die Medizin entwickelt sich ständig weiter, und es gibt immer neue Therapieansätze. Vertraut nicht blind auf Statistiken, denn dann wäre ich schon tot – jeder Fall ist individuell, und wir sind mehr als eine Zahl. Seid stolz auf das, was ihr bereits gemeistert habt!
Autorin: Emma Howe