Das kutane T-Zell-Lymphom (CTCL) ist eine schwerwiegende Form des Non-Hodgkin-Lymphoms, das sich in der Haut manifestiert. Wir sprachen mit Prof. Dr. med. Chalid Assaf über die seltene Form von Hautkrebs.
Prof. Dr. Assaf, was ist das kutane T-Zell-Lymphom?
Ein Lymphom ist eine bösartige Erkrankung, die von bestimmten Zellen des Körpers ausgeht, den sogenannten Lymphozyten. Diese gehören zu den weißen Blutkörperchen und sind ein wichtiger Teil des Immunsystems und somit der Abwehrfunktion unseres Körpers. Man unterscheidet zwischen den sogenannten B- und T-Zellen, die unterschiedliche Aufgaben bei der Immunabwehr erfüllen. Wie alle anderen Zellen im Körper können aber auch Lymphozyten entarten, zu Krebszellen werden und sich ungebremst vermehren. Diese Krebsform nennt man dann Lymphom. Manche Lymphome betreffen vorwiegend die Haut. Ein Hautlymphom ist eine relativ seltene Erkrankung: In Deutschland erkranken pro Jahr nur etwa 800 Menschen daran. Hier unterscheidet man zwischen der Mycosis fungoides und dem Sézary-Syndrom. Beide gehören zu den kutanen T-Zell-Lymphomen.
Wie erleben Sie die Erkrankung in der Praxis?
Da viele Hautlymphome recht langsam wachsen, befinden sich viele Patienten bei der Diagnose noch im Frühstadium. Da die Erkrankung ausschließlich die Haut betrifft, haben die meisten Patienten eine sehr gute Prognose. Aber da die Diagnose selten ist und die Informationen darüber in der Öffentlichkeit gering sind, führt dies sehr häufig zu einer großen Verunsicherung der Patienten. Eine ausführliche Besprechung mit dem behandelnden Arzt ist daher gerade bei der Erstdiagnose wichtig.
Welche Symptome deuten auf CTCL hin?
Bei der Mycosis fungoides werden vier Stadien unterschieden. Anfänglich zeigt sie sich durch das Auftreten von flachen, begrenzten, leicht schuppenden roten Flecken mit starkem Juckreiz. Manchmal kommt es aber im Laufe der Zeit zum Einwachsen stark juckender, erhabener, stärker schuppender oder verkrusteter bräunlicher Plaques in die bestehenden Hautveränderungen. Wenn sich die entarteten Zellen in der Haut weiter vermehren, entwickeln sich im dritten Stadium, dem sogenannten Tumorstadium, halbkugelförmige Knoten, in deren Zentrum sich Geschwüre bilden können. Selten zeigt sich die Krankheit als eine Rötung der gesamten Haut, manchmal auch in Kombination mit den zuvor geschilderten Hautveränderungen.
Die Diagnose dauert oft Jahre. Woran liegt das, und wie kann das verbessert werden?
Die Diagnoseverzögerung liegt im Mittel etwa bei drei Jahren. Das liegt daran, dass die Unterscheidung der CTCL zu gutartigen Dermatosen – vor allem in frühen Stadien – nicht einfach ist. Oftmals fehlt die klinisch eindeutige Charakteristik. Tatsächlich haben Übersichtsarbeiten gezeigt, dass das CTCL bis zu 50 gutartige Hauterkrankungen imitieren kann. Viele Patienten werden deshalb lange Zeit so behandelt, als hätten sie ein Ekzem. Meine Empfehlung ist es, bei dem geringsten Verdacht ganz genau hinzusehen, um keine Zeit zu verlieren. Das bedeutet, dass frühzeitig und im Verlauf mehrere Hautproben entnommen werden müssen, die histologisch und molekularbiologisch untersucht werden müssen.
Warum ist eine frühe Diagnosestellung so wichtig?
Eine frühe Diagnosestellung ist wichtig, um eine adäquate Therapie einleiten zu können, die die Symptome der Patienten verbessert. Des Weiteren verhindert die richtige und frühe Diagnosestellung eine mögliche Fehltherapie, die einen negativen Einfluss auf die Erkrankung haben kann.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Für die Therapie der Mycosis fungoides stehen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, die zu einem langfristigen oder zumindest vorübergehenden Rückgang der Symptome führen können. Welche Therapie zum Einsatz kommt, hängt vom Stadium der Erkrankung ab. In frühen Stadien stehen lokale, also allein auf die befallenen Hautbereiche gerichtete Behandlungen, zum Beispiel mit einer kortisonhaltigen Salbe, im Vordergrund. Oder man macht sich zunutze, dass die entarteten Zellen sehr lichtempfindlich sind, und bestrahlt die Haut mit UV-Licht.
In fortgeschrittenen Stadien kommen systemische, also auf den gesamten Körper gerichtete Behandlungen zum Einsatz. Dazu gehört die Therapie mit einer Substanz, die das Immunsystem zur Bekämpfung des Hautlymphoms stärken soll, die sogenannte Retinoidtherapie, oder – in späteren Stadien – eine milde Chemotherapie. Inzwischen stehen bei der Mycosis fungoides auch innovative, zielgerichtete Therapien zur Verfügung. Eine dauerhafte Heilung ist mit den bislang zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten jedoch noch nicht möglich – aber es kann eine langfristige Symptomfreiheit erreicht werden.
Was wünschen Sie sich für die Patienten?
Ich wünsche mir natürlich, dass für die Patienten neue diagnostische Methoden entwickelt werden, um die Diagnose sicher und frühzeitig stellen zu können. Des Weiteren auch neue Therapien, die vielleicht sogar zu einer Heilung der Erkrankung führen. Auf diesen Gebieten tut sich weltweit einiges. Ansonsten, soweit möglich, die Nutzung vorhandener Informationen über die Erkrankung und den Verlauf, denn mit dem Wissen lässt sich häufig ruhiger und besser mit der Erkrankung umgehen. Hier hilft auch der Austausch mit Betroffenen mit kutanen T-Zell-Lymphomen.
Das Interview führte Emma Howe
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