Brustkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen in Deutschland: Jährlich erkranken rund 70.000 Patientinnen daran. Während die Überlebensraten dank moderner Therapieoptionen gestiegen sind, ist die psychische Belastung durch standardisierte Behandlungsansätze wie Operation oder systemische Chemotherapie nach wie vor enorm. Sie bringen nicht nur erhebliche Nebenwirkungen mit sich, sondern sind oft auch mit einschneidenden Lebensveränderungen verbunden. Doch es gibt Fortschritte: Innovative Ansätze wie die Regionale Chemotherapie (RCT), die Elektrochemotherapie und die Tumor-DNA-Analyse versprechen eine gezieltere, individualisierte Behandlung. Prof. Dr. Aigner und Kornelia Aigner vom Medias Klinikum erklären, wie diese Verfahren zusammenwirken und welche Fortschritte sie ermöglichen.
Herr Prof. Dr. Aigner, was genau versteht man unter Regionaler Chemotherapie (RCT) und wie unterscheidet sich dieser Ansatz von der klassischen Chemotherapie?
Die Regionale Chemotherapie unterscheidet sich grundlegend von der klassischen, systemischen Chemotherapie. Während bei der systemischen Chemotherapie der Wirkstoff über den ganzen Körper verteilt wird und damit auch gesundes Gewebe belastet, zielt die Regionale Chemotherapie darauf ab, die Wirkstoffe gezielt in das betroffene Gebiet zu bringen. Dadurch erreichen wir eine hohe lokale Konzentration des Medikaments im Tumor, während die systemischen Nebenwirkungen deutlich reduziert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir in vielen Fällen auf eine operative Entfernung der Brust verzichten können, was für die Patientinnen eine enorme Erleichterung bedeutet.
Und wie kann die Elektrochemotherapie diesen Ansatz ergänzen?
Prof. Dr. Aigner: Die Elektrochemotherapie verstärkt die Wirkung der Regionalen Chemotherapie, indem sie die Aufnahme der Medikamente in die Tumorzellen erleichtert. Hierbei setzen wir auf die sogenannte reversible Elektroporation. Durch kurze elektrische Impulse wird die Zellmembran der Tumorzellen für einen Moment durchlässiger, wodurch die Wirkstoffe besser in die Zellen eindringen können. Das Zusammenspiel aus diesen Verfahren und der Tumor-DNA-Analyse ermöglicht es uns, die Therapie noch gezielter auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen abzustimmen.
Frau Aigner, wie passt die Tumor-DNA-Analyse in die innovative Krebstherapie?
Die Tumor-DNA-Analyse ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer personalisierten Krebstherapie. Mit dieser Methode analysieren wir die genetische Struktur des Tumors, um herauszufinden, welche Mutationen vorliegen und wie der Tumor auf bestimmte Therapien reagieren könnte. Grundlage der Analyse ist die Tatsache, dass das Tumorgewebe kleine Veränderungen in der Erbsubstanz, also eine etwas veränderte DNA, aufweist im Vergleich zu gesundem Gewebe. Diese veränderte DNA kann sowohl im Tumor als auch im Blut nachgewiesen und durch eine einfache Blutprobe isoliert werden. Daraus gewinnen wir wichtige Informationen über den Krankheitsverlauf und können gezielt die wirksamsten Medikamente und Therapieverfahren auswählen, sei es in Kombination mit Regionaler Chemotherapie oder Elektrochemotherapie.
Prof. Dr. Aigner, welche Patientengruppen profitieren besonders von der Kombination aus Regionaler Chemotherapie, Elektrochemotherapie und Tumor-DNA-Analyse?
Diese Kombination ist vor allem für Patientinnen mit fortgeschrittenen Tumoren vielversprechend, insbesondere für Patientinnen mit triple-negativem Brustkrebs oder Patientinnen mit chemoresistenten Tumoren. Dank der Tumor-DNA-Analyse können wir auch Patientinnen, die auf andere Therapien nicht mehr ansprechen, eine personalisierte Therapieoption bieten.
Können Sie uns die bisherigen klinischen Ergebnisse schildern?
Prof. Dr. Aigner: In unseren klinischen Studien und in der Praxis sehen wir beeindruckende Ergebnisse. Durch die gezielte Kombination der Verfahren gelingt es häufig, Tumoren zu verkleinern, sodass sie operativ besser entfernt werden können. Ein weiterer Vorteil ist die deutlich geringere Belastung durch Nebenwirkungen. Diese positiven Ergebnisse zeigen, dass wir mit der personalisierten Therapie auf dem richtigen Weg sind.
Wie steht es um die Sicherheit dieser Verfahren? Gibt es mögliche Risiken?
Prof. Dr. Aigner: Die Sicherheit steht bei uns immer an erster Stelle. Durch den gezielten lokalen Einsatz der Chemotherapie minimieren wir systemische Nebenwirkungen. Die Elektroporation verstärkt die lokale Wirkung am Tumor und erlaubt es, die Dosierung der Chemotherapie bis auf ein Minimum zu reduzieren. Die Erkrankung wird durch eine Analyse der zirkulierenden Tumor-DNA überwacht. Diese Tumor-DNA-Analyse kann zeigen, ob die regionale Therapie ausreicht, ob weitere Metastasen lokal behandelt werden können oder ob zusätzlich eine systemische Behandlung notwendig ist. Zur Absicherung wird zusätzlich eine standardisierte radiologische Diagnostik durchgeführt.
Frau Aigner, welche Rolle spielt die Tumor-DNA-Analyse bei der Risikoabschätzung?
Die Tumor-DNA-Analyse ist ein wertvolles Instrument, um beispielsweise festzustellen, ob ein Tumor gegen bestimmte Therapien resistent ist und welche Wirkstoffe am erfolgversprechendsten sind. In Kombination mit der radiologischen Diagnostik kann mit der Analyse zirkulierender Tumor-DNA genauer festgestellt werden, wie der Krankheitsverlauf ist. So können wir Risiken gezielt minimieren und sicherstellen, dass jede Patientin die für sie beste Behandlung erhält.
Welche Rolle wird die Kombination von Regionaler Chemotherapie, Elektrochemotherapie und Tumor-DNA-Analyse in der Onkologie der Zukunft spielen?
Prof. Dr. Aigner: Diese Verfahren werden zunehmend als integraler Bestandteil moderner Krebstherapien angesehen. Sie eröffnen nicht nur für Subtypen wie den triple-negativen Brustkrebs, sondern auch für andere Tumor-entitäten neue Möglichkeiten. Geplante Studien sollen die Integration in den Behandlungsstandard weiter vorantreiben.
Welche Entwicklungen erwarten Sie generell in der interventionellen Onkologie?
Prof. Dr. Aigner: Der Trend geht eindeutig in Richtung Präzisionstherapie und personalisierte Medizin. Technologische Fortschritte, wie wir sie bei der Tumor-DNA-Analyse und der Elektroporation sehen, werden die Onkologie revolutionieren und noch gezieltere Behandlungen ermöglichen.
Vielen Dank, Prof. Dr. Aigner und Frau Aigner, für diese spannenden Einblicke in die Zukunft der Krebstherapie.
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Dieses Interview wurde in Zusammenarbeit
mit dem Medias Klinikum umgesetzt