Seltene Erkrankungen

„BPDCN bleibt oft zu lange unerkannt“

Die blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (BPDCN) ist eine sehr seltene und meist aggressiv verlaufende Form von Blutkrebs. Im Interview spricht Prof.’in Dr. med. Imke von Wasielewski über die Herausforderungen bei der Diagnose, neue Therapieoptionen und digitale Möglichkeiten.

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Prof.’in Dr. med. Imke von Wasielewski
Leiterin des Hauttumorzentrums an der Medizinischen Hochschule Hannover

Mit welchen Symptomen äußert sich BPDCN, und warum bleibt die Erkrankung so oft und so lange unerkannt?

Rund 90 Prozent der Patienten mit BPDCN haben zunächst Symptome an der Haut. Diese können jedoch eine Vielzahl anderer Hauterkrankungen imitieren, was die Diagnose erheblich erschwert. Zudem fehlt oft das fachspezifische Wissen, da Hämatologen selten in Dermatologie geschult sind und umgekehrt. Da BPDCN extrem selten ist, wird sie häufig übersehen.

Mit welchen Erkrankungen wird BPDCN häufig verwechselt?

Das hängt stark vom Erscheinungsbild der Hautveränderungen ab. Bei einem Patienten, den ich behandelt habe, wurde zunächst ein Pseudolymphom vermutet. Die Hautveränderung wurde biopsiert, wodurch die korrekte Diagnose gestellt werden konnte. Wenn die Hautveränderungen jedoch eher hämatomartig oder flächig sind, werden sie nicht selten mit Exanthemen, Hämatomen oder seltenen dermatologischen Erkrankungen wie figurierten Erythemen verwechselt.

Warum ist eine frühzeitige Diagnose so entscheidend?

Weil jede Verzögerung fatale Folgen haben kann. Erhalten die Patienten zunächst eine Behandlung mit Kortison, geht wertvolle Zeit verloren. Hinzu kommt, dass viele Betroffene lange auf einen Termin beim Hautarzt warten müssen, sodass zwischen den ersten Symptomen und der Diagnose oft Monate liegen. Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto besser stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.

Welche Rolle spielen Dermatologen und Dermatoonkologen bei der Diagnosestellung und Behandlung?

Die wichtigste Maßnahme ist die Biopsie. Sobald eine unklare Hautveränderung auftritt, sollte eine Probe entnommen und untersucht werden. Das ist der Schlüssel zur Diagnose. Sobald die Pathologen das Gewebe mikroskopisch und immunhistochemisch analysieren, lässt sich BPDCN eindeutig identifizieren. Die Behandlung erfolgt dann in enger Zusammenarbeit mit Hämatologen und (Dermato-)Onkologen. Bis vor Kurzem waren die Überlebenschancen sehr gering, aber mit einer neuen zielgerichteten Therapie hat sich das verbessert.

Sie engagieren sich stark für die Fortbildung von Ärzten. Können Sie uns mehr über Ihre Projekte erzählen?

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, Expertin auf einem so spezialisierten Gebiet wie der Dermatoonkologie zu werden. Es gibt kaum aktuelle Lehrbücher, viele Informationen sind nur auf Kongressen oder über persönliche Netzwerke zugänglich. Deshalb habe ich die OncoTobee-App mitentwickelt, eine digitale Plattform, die aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und praxisnahe Inhalte für Ärzte bereitstellt. Zusätzlich arbeiten wir an modernen Fortbildungsformaten, die interaktiv und digital aufbereitet sind. Diese neuen Formate erleichtern das Lernen enorm und ermöglichen eine flexible Weiterbildung.

Warum liegt Ihnen dieses Thema so besonders am Herzen?

Weil ich glaube, dass Wissen teilen der Schlüssel zu besserer Medizin ist. Je besser wir uns vernetzen und austauschen, desto schneller können wir seltene Erkrankungen wie BPDCN erkennen und den Betroffenen helfen. Mein Ziel ist es, die Fortbildung in der Onkologie moderner, zugänglicher und inspirierender zu gestalten – damit wir alle gemeinsam mehr Leben retten können.

Das Interview führte Emma Howe.

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