*Frauengesundheit

„Wie die Wechseljahre mein Neubeginn wurden“

Nana

Mit Anfang 40 steckt Nadine schon mitten in den Wechseljahren – ohne es zu wissen. Heute, über zehn Jahre später, spricht sie offen über Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und den Neuanfang, den diese Lebensphase für sie bedeutet. Auf ihren Kanälen erreicht sie Tausende Frauen, die sich verstanden fühlen und neue Stärke entdecken. Im Gespräch erzählt sie, warum sie die Wechseljahre nicht als Ende, sondern als Chance begreift und was sie anderen Frauen unbedingt mitgeben möchte.

Liebe Nadine, du sprichst sehr offen über die Wechseljahre und nimmst dabei viele Frauen mit. Was war dein persönlicher Auslöser, dich diesem Thema zu widmen?

Ganz ehrlich: Es war die Außenwelt. Ich selbst bin mit 39 schon in die Wechseljahre gekommen, aber habe das lange gar nicht wirklich realisiert. Social Media habe ich erst mit 49 angefangen – da war das für mich schon Normalität. Von außen aber kam ständig: „Frau um die 50, Wechseljahre.“ Da habe ich gedacht: Ja, stimmt, ich bin da längst mittendrin. Und dann habe ich angefangen, offen darüber zu sprechen.

Viele Frauen empfinden die Wechseljahre zunächst als Verlustphase. Du sprichst eher von einer Chance und einem Neubeginn. Wie bist du zu dieser Sichtweise gekommen?

Das war nicht von Anfang an so. Am Anfang dachte ich: Jetzt ist alles vorbei, jetzt werde ich unsichtbar. Dieser plötzliche Stopp – von einem Monat auf den nächsten keine Blutung mehr – hat mich richtig geschockt. Erst durch Gespräche mit meinem Frauenarzt habe ich verstanden, dass es nicht nur ein Ende bedeutet, sondern auch ein Anfang sein kann. Heute sehe ich es als Metamorphose: eine Phase, in der ich mich neu erfinden darf.

Welche körperlichen und seelischen Veränderungen hast du selbst am stärksten wahrgenommen – und wie gehst du damit um?

Am meisten haben mich die Stimmungsschwankungen und meine extreme Reizbarkeit belastet – auch meine Beziehung ist daran zerbrochen. Dazu kamen Symptome wie Hautjucken, Schuppenflechte, Gewichtsschwankungen und natürlich die Hitzewallungen. Ich hatte sogar eine depressive Phase, die ich damals einer toxischen Beziehung zugeschrieben habe. Heute weiß ich, es war auch der Hormonhaushalt. Mittlerweile kann ich besser hinschauen, nehme die Signale ernst und kümmere mich aktiver um mich selbst.

Viele Frauen berichten von Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Erschöpfung. Wie gelingt es dir, trotz dieser Herausforderungen Energie und Lebensfreude zu behalten?

Das war ein langer Prozess. Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich mich nur noch um andere drehe – um meinen Sohn, um meine Eltern, um die Beziehung. 2019 habe ich gesagt: Jetzt bin ich dran. Ich habe meinen Sohn gebeten, auszuziehen, und bin selbst für ein halbes Jahr nach Malta gegangen. Dieser Abstand war für mich ein Wendepunkt. Seitdem nehme ich mir bewusster Auszeiten und richte meinen Fokus auf das, was mir wirklich guttut.

Du betonst oft: „Wir müssen nicht mehr jedem gefallen – sondern uns selbst.“ Wie verändert sich mit den Wechseljahren der Blick auf den eigenen Körper und das Selbstbild?

Man muss sich neu definieren. Der Körper verändert sich: Haare wachsen an neuen Stellen, die Figur verschiebt sich, manches erschreckt einen erst mal. Am Anfang war das echt hart. Aber irgendwann habe ich gemerkt: Ich muss nicht allen gefallen – nur mir selbst. Und wenn ich sehe, was ich in meinem Leben schon alles geschafft habe, dann macht mich das stolz. Das hilft mir mehr als jeder Vergleich mit anderen.

In der Gesellschaft sind die Wechseljahre noch immer ein Tabuthema. Wo siehst du die größten Hürden, und was braucht es, um mehr Offenheit zu schaffen?

Für mich ganz klar: Schule. Aufklärung sollte schon früh anfangen, und zwar nicht nur für Mädchen, sondern auch für Jungs. Jeder wird irgendwann damit konfrontiert – ob durch die eigene Mutter, die Partnerin oder die Schwester. Außerdem muss die Medizin viel mehr Wissen und Zeit für das Thema Menopause einplanen. Es darf nicht bei einer 15-Minuten-Abfertigung bleiben. Die Wechseljahre sind ein massiver Einschnitt – körperlich und seelisch – und dürfen nicht in einer Schublade landen.

Du erreichst viele Menschen über deine Kanäle. Welche Rückmeldungen von Frauen berühren dich am meisten?

Oft sind es die kleinen Gesten. Einmal hat mich ein 18-jähriges Mädchen umarmt und gesagt: „Wegen dir habe ich keine Angst mehr, alt zu werden.“ Da musste ich fast weinen. Aber auch die vielen Nachrichten wie „Danke, dass du darüber sprichst“ – das zeigt mir, wie wichtig es ist, dass wir das Schweigen brechen.

Welche Rolle spielt Gemeinschaft – der Austausch mit anderen Betroffenen – für dich und für Frauen in dieser Lebensphase?

Eine riesige. Viele Frauen fühlen sich allein mit ihren Symptomen. Wenn wir uns aber austauschen, merken wir: Ich bin nicht verrückt, das gehört dazu. Und junge Frauen sehen: Mit 50 ist das Leben nicht vorbei. Ich kremple mit 53 gerade mein Leben komplett um – kündige meine Wohnung, ziehe nach Mallorca, reise mit dem Bus durch Europa. Das möchte ich weitergeben: Es geht immer weiter, oft spannender als vorher.

Was bedeutet Selbstfürsorge für dich ganz konkret im Alltag – und wie grenzt du das von Egoismus ab?

Selbstfürsorge heißt für mich, mir Auszeiten zu nehmen und immer wieder in mich reinzuhören: Was brauche ich eigentlich? Viele von uns sind so geprägt, immer nur für andere da zu sein – Kinder, Partner, Eltern. Aber wenn ich nicht auf mich achte, kann ich auch niemandem helfen. Das ist kein Egoismus, das ist gesunder Menschenverstand. Im Flugzeug heißt es ja auch: Erst setzt du dir die Maske auf, dann hilfst du den anderen.

Welche Tipps würdest du Frauen geben, die gerade erst in die Wechseljahre kommen und vielleicht unsicher sind, was auf sie zukommt?

Schreibt euch alles auf, was ihr merkt. Oft gehen kleine Symptome im Alltag unter. Und sucht euch eine Ärztin oder einen Arzt, bei dem ihr euch wirklich ernst genommen fühlt. Wenn es beim ersten nicht passt, weitersuchen – so lange, bis es stimmt. Es lohnt sich, da hartnäckig zu bleiben.

Du sprichst oft von „Metamorphose“ statt Krise. Was ist deine wichtigste Botschaft an Frauen, die gerade mitten in diesem Umbruch stecken?

Dass es eine Chance ist, sich noch mal neu zu erfinden. Dinge zu wagen, die man sich früher nicht getraut hat. Aber bitte: nicht ins Vergleichen rutschen. Ich musste selbst lernen, Accounts stumm zu schalten, die mich ins Vergleichen gebracht haben. Stattdessen schaue ich: Was will ich wirklich? Was macht mich glücklich? Die Wechseljahre sind keine Krise, sondern eine Verwandlung.

Wenn du einen Wunsch an Medizin, Gesellschaft oder Politik frei hättest – was sollte sich im Umgang mit dem Thema Wechseljahre dringend ändern?

Mehr Aufklärung, mehr Zeit, mehr Wertschätzung. Die Wechseljahre gehören in die Mitte der Gesellschaft. Und in der Medizin braucht es bessere Ausbildung und mehr Ressourcen, damit Frauen nicht abgespeist werden. Gesellschaftlich wünsche ich mir weniger Schubladendenken. Frauen tragen so viel – ohne uns läuft nichts. Deshalb müssen wir auch in dieser Lebensphase die Unterstützung bekommen, die wir verdienen.

Das Interview führte Emma Howe

 

 

 

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