Fehlende Aufmerksamkeit und Fürsorge kann für Kinder lebenslange Folgen haben. SOS-Kinderdorf unterstützt Familien in belastenden Lebenssituationen, um Vernachlässigung vorzubeugen und Kindern eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen.
Das Brot, das Louis* aus seiner Lunchbox in der großen Pause holt, hat grünblaue, pelzige Stellen – schon wieder Schimmel. Geld, um sich etwas anderes zu kaufen, hat der Siebenjährige nicht. Wieder vergeht ein Tag, an dem er mit knurrendem Magen im Klassenzimmer sitzt. Der Junge ist zurückhaltend, schüchtern, ein unsicheres Kind. Zu Hause offenbaren sich prekäre Zustände. Die Wohnung ist verdreckt, das Geschirr stapelt sich im Spülbecken in der Küche, die Mülleimer quillen über.
Louis‘ Fall ist beispielhaft für 63.700 Kinder, bei denen in Deutschland 2023 eine Kindeswohlgefährdung festgestellt wurde. Die Mehrzahl dieser Kinder (58 Prozent) hat Vernachlässigung erlebt. Krankheiten, Armut, Arbeitslosigkeit, fehlende Erziehungskompetenzen oder andere belastende Lebenssituationen können Auslöser dafür sein, dass sich Eltern nicht um ihre Kinder kümmern können. „Beim näheren Hinsehen stellt man dann oft fest, dass zum Beispiel eine psychische Erkrankung oder einfach auch biografische Belastungen bei den Eltern vorliegen, die so eine Überforderung auch erklären“, meint Johanna Schneider, sie ist Psychologin im Fachdienst bei SOS-Kinderdorf.
Überforderung führt zu Kindeswohlgefährdung
Auch Louis‘ Mutter* stößt bei der Erziehung an ihre Grenzen. Die 29-Jährige ist alleinerziehend und leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Wenige Monate zuvor war Louis‘ Bruder am plötzlichen Kindstod verstorben. Seitdem ist die Mutter antriebslos. Sie zieht sich aus ihrem Sozialleben zurück, schafft es kaum aus dem Bett und kann keine Energie aufbringen, um sich ausreichend um Louis zu kümmern. Der Junge kommt in eine Wohngruppe von SOS-Kinderdorf.
SOS-Kinderdorf unterstützt benachteiligte Familien nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Der Verein berät bei Erziehungsfragen und bietet leicht zugängliche Bildungs- und Freizeitangebote in SOS-Familienzentren an. Dazu zählen beispielsweise der soziale Mittagstisch, Kinder- und Jugendtreffs oder Angebote für werdende Eltern. SOS-Kinderdorf setzt sich dafür ein, dass sich Kinder in allen Lebenslagen positiv und altersgerecht entwickeln können. Präventive Angebote helfen dabei, dass Familien erst gar nicht in Krisen geraten, und beugen Vernachlässigung vor. Denn Betroffene leiden oft ein Leben lang an körperlichen oder seelischen Folgen. SOS-Kinderdorf ist deutschlandweit an 266 Standorten mit knapp 820 Angeboten aktiv. 123.033 Menschen erreichte der Verein so im Jahr 2023.
Langfristige Folgen verhindern
Während Louis in einer Wohngruppe lebt, wird seine Mutter im Alltag durch die sozialpädagogische Familienhilfe von SOS-Kinderdorf begleitet. „Man muss versuchen, die Eltern für eine Mitarbeit zu gewinnen. Damit sie ein bisschen rauskommen und sich nicht mehr mit dem Rücken zur Wand gedrängt sehen“, meint Johanna Schneider. Die SOS-Mitarbeiterin übt mit der Mutter Methoden, um wieder mehr Struktur in den Alltag zu bringen. Außerdem kümmert sie sich um deren therapeutische Anbindung. Louis‘ Mutter gelingt es mit der Unterstützung von SOS-Kinderdorf, ihre Probleme in den Griff zu bekommen. Louis kann wieder in die Familie zurückkehren.
* Namen und Details zum Schutz der Person geändert.
Helfen Sie vernachlässigten Kindern!
Weitere Informationen: www.sos-kinderdorf.de/vernachlaessigung
Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit
mit dem SOS-Kinderdorf umsetzt