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Lipödem – jede 10. Frau ist betroffen!

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Carina G.-Weise und Prof. Dr. Dr. Klesper Klinikmanagerin und Ärztlicher Direktor der Beauty Klinik an der Alster

Carina G.-Weise und Prof. Dr. Dr. Klesper
Klinikmanagerin und Ärztlicher Direktor der Beauty Klinik an der Alster

Weniger essen, mehr Sport – für Betroffene mit Lipödem klingen diese Empfehlungen wie blanker Hohn, denn sie helfen bei der Erkrankung nicht. Der Bedarf an Aufklärung ist groß, obwohl rund zehn Prozent aller Frauen von einem Lipödem betroffen sind. Wir sprachen mit Experten: dem Hamburger Chirurgen Prof. Dr. Dr. Klesper, der seit rund zehn Jahren erfolgreich Frauen mit Lipödem operiert, und der Klinikmanagerin Carina G.-Weise.

Herr Prof. Dr. Dr. Klesper, was ist ein Lipödem und was passiert dabei im Körper?

Ein Lipödem ist eine entzündliche Fettgewebeverteilungsstörung, die vorwiegend die untere Körperhälfte betrifft, insbesondere Ober- und Unterschenkel, manchmal auch die Oberarme, Unterarme und Hüften. Es wird eine genetische Komponente vermutet, wobei die Vererbung nicht immer eindeutig ist. Ich habe zum Beispiel oft Patientinnen, deren Mütter schlank sind, während sie selbst an einem Lipödem leiden.

Die Entzündung fördert das Wachstum des Lipödems; sie führt auch zu den typischen Beschwerden wie Schmerzen, Schwellungen und Berührungsempfindlichkeit. Die Kapillaren, die kleinen Blutgefäße, werden fragil und brechen leicht, was zu blauen Flecken führt. Viele Betroffene klagen zudem über ein Kältegefühl.

Wie bemerken Betroffene die Erkrankung?

Sie äußert sich meist zunächst in einer erhöhten Druckempfindlichkeit und einer Disproportion von einem schlanken Ober- und einem voluminösen Unterkörper. Schnell kommen auch ein Schweregefühl und Schmerz hinzu, was die Beweglichkeit beeinträchtigt. Viele Betroffene berichten, dass sie viel Sport treiben, aber trotzdem nicht abnehmen können.

Die Gesundheit leidet in mehrfacher Hinsicht. Wir haben Untersuchungen zur psychischen Gesundheit von Lipödempatientinnen im Rahmen meiner Professur an der MSH durchgeführt. Insbesondere im Hinblick auf Selbstwert, Selbstbewusstsein und depressive Verstimmungen. Wenn das Lipödem chirurgisch, mittels einer schonenden Liposuktion, behandelt wird, bessern sich diese Symptome deutlich oder verschwinden ganz.

Frau G-Weise, was bedeutet es, mit einem Lipödem zu leben?

Vor allem geht es darum, die Schmerzen zu bewältigen. Viele Betroffene müssen ihre Aktivitäten stark einschränken – ein Stadtbummel oder längere Wanderungen sind oft nicht mehr möglich. Auch im Alltag, zum Beispiel als junge Mutter, sind Einschränkungen spürbar, wenn man nicht mehr mit dem Kind auf dem Boden spielen kann. Ein Leben mit Lipödem erfordert zudem ein hohes Maß an Selbstmanagement.

In den kurzen Terminen beim Phlebologen bleibt oft keine Zeit für umfassende Aufklärung, deshalb ist es wichtig, dass sich die Betroffenen selbst informieren und sich in Selbsthilfegruppen austauschen.

Herr Prof. Dr. Dr. Klesper, welche Behandlungsmethoden gibt es für das Lipödem?

Zunächst empfehlen wir die konservative Behandlung ohne Operation. Dazu gehören das Tragen von maßgeschneiderter Kompressionskleidung, Lymphdrainagen und eventuell eine antientzündliche Ernährung. Diese Maßnahmen können das Fortschreiten des Lip-ödems verlangsamen, aber nicht stoppen. Im Gegensatz dazu kann die operative Lipödemtherapie, also eine besondere Form des Fettabsaugens, die Beschwerden in den betroffenen Bereichen dauerhaft lindern, vorausgesetzt, die Operation wird korrekt und konsequent durchgeführt. Wichtig ist, dass ein großer Teil des erkrankten Fettgewebes entfernt wird, damit die Patientinnen nicht wieder erhebliche Zunahmen am erkrankten Fettgewebe in diesen Bereichen erleben.

Wann raten Sie zu einer Operation?

Ich rate keiner Patientin aktiv zu einer Operation. Der Wunsch muss von der Patientin selbst kommen. Oft ist der richtige Zeitpunkt erreicht, wenn die Patientin sagt, dass sie mit den Beschwerden/Schmerzen ihrer Beine so nicht mehr leben möchte. Dann sollte sie sich ernsthaft Gedanken über eine Operation machen.

Wie findet man den geeigneten Chirurgen?

Ist die Entscheidung für eine Operation gefallen, sollten Patientinnen darauf achten, dass sie sich in erfahrene Hände begeben. Es gibt große Unterschiede zwischen einer rein kosmetischen Fettabsaugung und einer speziell auf das Lipödem zugeschnittenen Operation. Hierbei ist neben der Erfahrung des Chirurgen das richtige Verfahren der Fettabsaugung wesentlich. Hierzu eignen sich laut den Fachgesellschaften zwei Methoden, die PAL und die WAL. Patientinnen sollten sich gut informieren, die Erfahrung des Arztes prüfen und idealerweise jemanden wählen, der diese Operationen schon viele Jahre durchführt. 

Was ist nach dem Eingriff besonders wichtig?

Besonders wichtig ist im Nachgang, dass die Patientinnen die Anweisungen ihres Operateurs befolgen. Direkt nach der OP bekommen sie eine spezielle Kompressionsware, die hilft, Schwellungen zu reduzieren und den Heilungsprozess zu unterstützen. Ruhe und Erholung sind ebenfalls entscheidend, und wir empfehlen, sich ein bis zwei Wochen Auszeit zu gönnen. Ab dem zweiten Tag sind leichte Spaziergänge gut, aber die Patientinnen sollten es langsam und im eigenen Tempo angehen. Von klinischer Seite aus ist es zudem unerlässlich, dass die verordneten Medikamente korrekt eingenommen werden. Außerdem sollten Patientinnen innerhalb von einer Woche mit der Lymphdrainage beginnen, die mindestens zwei- bis dreimal pro Woche durchgeführt werden sollte. Das ist ein wesentlicher Bestandteil des Heilungsprozesses und hilft, die Wundschwellungen schneller abzubauen.

Frau G.-Weise, wie erleben Sie Ihre Patientinnen einige Monate nach der Operation?

Die meisten Patientinnen fragen sich, warum sie den Eingriff nicht schon viel früher haben durchführen lassen, da sie ihre alte Leichtigkeit, über die Lebensjahre schon vergessen, plötzlich wiedergewonnen haben. Wir beobachten, dass viele Patientinnen über die zurückgewonnene Mobilität einen Motivationsschub erhalten und dadurch „wie von allein“ weiter an Gewicht verlieren, was vor der OP den meisten unmöglich war. Selbst depressive Verstimmungen sind bei den jüngeren Patientinnen schon nach kurzer Zeit verschwunden.

Wo können sich Patientinnen austauschen und informieren?

Selbsthilfegruppen sind eine hervorragende Möglichkeit zum Austausch, da sie einen neutralen Raum für den Erfahrungsaustausch bieten. Auch Instagram kann hilfreich sein, obwohl man hier vorsichtig sein muss, da es viele Informationen gibt, die nicht immer verlässlich sind. Es gibt auch größere Portale, aber diese sind oft kommerziell ausgerichtet und weniger neutral.

Was sind die Vorteile Ihrer Klinik, und was schätzen Ihre Patientinnen besonders?

Unsere Patientinnen schätzen besonders die persönliche und fast Rund-um-die-Uhr-Betreuung, die sie bei uns erhalten. Wir nehmen uns Zeit für jede Patientin, und es gibt keine Massenabfertigung. Jede Patientin wird von dem Arzt operiert, der sie auch aufgeklärt hat, und wir sind auch nach der OP jederzeit für sie da. Das schafft Vertrauen und Sicherheit, und das wissen unsere Patientinnen sehr zu schätzen.

Das Interview wurde in Zusammenarbeit mit der
Lipödem Klinik an der Alster umgesetzt.


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Bitte beantworten Sie dafür die nachfolgenden Fragen mit Ja oder Nein.

 

 

Auswertung

Wenn Sie die meisten Fragen mit einem Ja beantwortet haben, liegt bei Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit ein Lipödem vor. Stellen Sie sich bitte zur Abklärung der Diagnose bei Facharzt für Venenheilkunde vor.

Informationen zur operativen Therapie erhalten Sie unter: www.lipödem.hamburg

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