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„Wissen Sie nicht, dass Sie Krebs haben?“

Heidi

Noch immer gehören Darmkrebs und Darmkrebsvorsorge zu Tabuthemen. Rund 75.000 Menschen erhalten in Deutschland jedes Jahr die Diagnose. Heidi Lutter ist eine von ihnen und wäre fast gestorben. Im Interview spricht sie über den Kampf ihres Lebens und klärt über Darmkrebsvorsorge auf.

Frau Lutter, in Ihrer Familie gab es bereits Darmkrebstodesfälle. Besonders bei familiären Vorbelastungen ist die Darmkrebsvorsorge auch in jungen Jahren enorm wichtig, da es ein erhöhtes Risiko gibt zu erkranken. Hat Sie ein Arzt darauf aufmerksam gemacht?

In meiner Familie gab es schon einige Darmkrebserkrankungen: Meine Oma ist mit 63 Jahren an diesem Krebs verstorben, meine Mutter wurde nur 52 Jahre alt, und die Cousine meiner Mutter ist mit 39 Jahren daran verstorben. Leider hat uns kein Arzt über ein erhöhtes Risiko in unserer Familie aufgeklärt, und eine Vorsorge in jungen Jahren war damals noch absolut unüblich.

Doch dann kamen erste Symptome.

Ich war gerade 45 Jahre alt, als ich eines Morgens massiv aus dem Darm blutete. Aber da mein normaler jährlicher Check bei meinem Hausarzt unauffällig war, habe ich mir zuerst keine Sorgen gemacht und wollte ganz normal zur Arbeit fahren. Aber irgendwie habe ich dann doch ein sehr unbehagliches Gefühl gehabt und bin dann direkt zum Arzt gefahren, und mein Hausarzt schickte mich direkt zum Gastroenterologen, der mir sagte, dass ich sofort ins Krankenhaus müsste. Er wollte aber erst selbst noch eine Spiegelung machen, um zu sehen, was denn die Blutung verursacht hat. Einen Tag nach der Koloskopie bin ich dann ins Krankenhaus gefahren. „Wissen Sie denn nicht, dass Sie Krebs haben?“, mit diesen Worten empfing mich der Stationsarzt, nachdem ich ihn gefragt hatte, warum ich so schnell operiert werden müsse.

Frau Lutter, in Ihrer Familie gab es bereits Darmkrebstodesfälle. Besonders bei familiären Vorbelastungen ist die Darmkrebsvorsorge auch in jungen Jahren enorm wichtig, da es ein erhöhtes Risiko gibt zu erkranken. Hat Sie ein Arzt darauf aufmerksam gemacht?

In meiner Familie gab es schon einige Darmkrebserkrankungen: Meine Oma ist mit 63 Jahren an diesem Krebs verstorben, meine Mutter wurde nur 52 Jahre alt, und die Cousine meiner Mutter ist mit 39 Jahren daran verstorben. Leider hat uns kein Arzt über ein erhöhtes Risiko in unserer Familie aufgeklärt, und eine Vorsorge in jungen Jahren war damals noch absolut unüblich.

Doch dann kamen erste Symptome.

Ich war gerade 45 Jahre alt, als ich eines Morgens massiv aus dem Darm blutete. Aber da mein normaler jährlicher Check bei meinem Hausarzt unauffällig war, habe ich mir zuerst keine Sorgen gemacht und wollte ganz normal zur Arbeit fahren. Aber irgendwie habe ich dann doch ein sehr unbehagliches Gefühl gehabt und bin dann direkt zum Arzt gefahren, und mein Hausarzt schickte mich direkt zum Gastroenterologen, der mir sagte, dass ich sofort ins Krankenhaus müsste. Er wollte aber erst selbst noch eine Spiegelung machen, um zu sehen, was denn die Blutung verursacht hat. Einen Tag nach der Koloskopie bin ich dann ins Krankenhaus gefahren. „Wissen Sie denn nicht, dass Sie Krebs haben?“, mit diesen Worten empfing mich der Stationsarzt, nachdem ich ihn gefragt hatte, warum ich so schnell operiert werden müsse.

Was haben Sie in diesem Moment gefühlt?

Diese Frage traf mich wie eine Faust ins Gesicht. Ich taumelte und es riss mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weg. Der Arzt fragte mich nur noch, ob ich einen Kaffee brauche oder ob er mit der OP-Besprechung fortfahren könne. Ich habe nur gedacht, warum denn noch eine Besprechung nötig sei. Ich kannte diesen Gegner. Er hat schon meine Mutter, meine Tante und meine Großmutter besiegt. Ihnen allen blieb nach der Diagnose nur noch zwei Wochen Zeit und ich war mir sicher, dass auch ich nur noch ganz wenige Wochen leben würde.

Wie ging es dann weiter?

Mein Gastroenterologe hat mich nach der OP im Krankenhaus angerufen und mit mir das Ergebnis der Histologie besprochen. Da ich zwar einen fortgeschrittenen Tumor hatte, aber Gott sei Dank keine Lymphknoten befallen waren und keine Metastasen gefunden wurden, hat mir mein Arzt geraten, keine Therapie zu machen, sondern in den ersten zwei Jahren alle drei Monate eine Darmspiegelung machen zu lassen. Es war für mich die richtige Entscheidung, aber ich hatte auch Angst.

Was waren Ihre größten Ängste?

Ich habe von vielen Freunden und Kollegen gesagt bekommen, dass ich unbedingt positiv denken muss, damit ich gesund bleibe. Wie soll man das machen, wenn man noch so viel im Leben machen möchte und Angst hat, dass dadurch, dass man nicht positiv denken kann, der Krebs wieder wächst? Es war ein ständiges Wechselbad der Gefühle, ich wollte alles machen, um alt zu werden, und hatte eine unbändige Lebensgier. Vor allem wollte ich meine Tochter aufwachsen sehen, und diese Angst, das nicht zu erleben, hat mir sehr oft fast die Luft zum Atmen genommen.

Sie gehören zur sogenannten HNPCC-Gruppe, das heißt, der Darmkrebs ist genetisch bedingt. Wie haben Sie davon erfahren?

Zufällig habe ich in der Reha eine weitere Darmkrebspatientin kennengelernt, die mir von ihrer HNPCC-Erkrankung berichtet hat. Unsere Familiengeschichten waren sehr ähnlich, und da sie ganz in meiner Nähe gewohnt hat, konnte sie mir direkt auch die passenden Ansprechpartner für eine genetische Untersuchung nennen. Ich bin ihr heute, nach fast genau 25 Jahren, noch immer unendlich dankbar, denn wahrscheinlich hätte es lange gedauert, bis ich eine Humangenetik kontaktiert hätte. Dort wurden Blutuntersuchungen gemacht und es wurde ein Familienstammbaum erstellt, und danach bekam ich die Diagnose HNPCC.

Diese Genveränderung erhöht das Risiko, erneut zu erkranken. Wie gehen Sie damit um und welche Vorsorgemaßnahmen werden bei Ihnen getroffen?
Diese zusätzliche Belastung, ein lebenslanges erhöhtes Krebsrisiko zu haben, hat mich lange Zeit sehr verunsichert. Bei jedem Kopfschmerz habe ich befürchtet, einen Hirntumor zu haben, jede Magen-Darm-Infektion verursachte bei mir Panik. Inzwischen ist der Gedanke an eine erneute Krebserkrankung überhaupt nicht mehr präsent, allerdings nehme ich meine regelmäßigen Nach- bzw. Vorsorgeuntersuchungen sehr ernst. Für meine Schwester und meine Tochter mache ich auch immer gleich die Termine mit, denn obwohl beide wissen, dass sie auch zur Risikogruppe gehören, finden sie die regelmäßigen Spiegelungen sehr lästig und aufwendig.

In Deutschland ist die Darmkrebsvorsorge für viele ein Tabu. Nur rund 20 Prozent der Bevölkerung nehmen die Möglichkeiten zur Darmkrebsvorsorge wahr. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ich höre nicht nur in meiner Familie immer wieder die Aussage, dass man diese Untersuchung gar nicht möchte. Wahrscheinlich ist immer noch alles, was mit Ausscheidung zu tun hat, eines der letzten Tabus in unserem Leben, dabei kann man Darmkrebs am einfachsten durch eine Spiegelung verhindern. Kleine Polypen können direkt abgetragen werden, und wenn alles ohne Befund war, hat man für einige Jahre die Gewissheit, dass der Darm gesund ist.

Welche Möglichkeiten neben der Koloskopie gibt es?

Wenn man eine große Abneigung gegen oder Angst vor einer Darmspiegelung hat, gibt es inzwischen auch schon sehr gute, hochsensible Stuhltests, die im Internet bestellt werden können und die man anonym zu Hause machen kann. Sollten dann aber Auffälligkeiten festgestellt werden, sollte man doch zeitnah zu einem Gastroenterologen, um sich dort zu eventuellen weiteren Untersuchungen beraten zu lassen. Denn: Darmkrebsvorsorge kann Leben retten.

Das Interview führte Emma Howe

 

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