Krebs

„Lebensqualität dank Cannabis“

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Brustkrebspatientin Uta Melle setzt sich für medizinisches Cannabis ein. Warum, erzählt sie im Interview.

Bitte erzähle uns von deiner Erkrankung.

Anfang April 2009, gerade 40 geworden, bekam ich die Diagnose Brustkrebs links. Zwei Tage später starb meine Mutter an der gleichen Krankheit. Ihre sehr ähnliche Erstdiagnose bekam sie im gleichen Alter wie ich. Leider hatte sie sich lediglich für eine einseitige Mastektomie ohne Chemo entschieden. So tauchte der Krebs einige Jahre später in der anderen Brust wieder auf und war dann nicht mehr aufzuhalten.

Welche Therapie hast du bekommen?

Ich entschied mich also für die beidseitige Mastektomie und eine Chemotherapie. Zusätzlich entschied ich mich aufgrund des bei mir nachgewiesenen BRCA-Gens zur Entfernung der Eierstöcke. Ich habe mich gegen einen Aufbau der Brüste entschieden. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereut habe.

Während der Chemotherapie sind Nebenwirkungen aufgetreten und du hast dich für deine ganz eigene Behandlung entschieden.

Eine Chemotherapie ist natürlich kein Spaß. Wenn sie wirkt, tut sie weh. Man hat ganz neue Schmerzerfahrungen. Zusätzlich konnte ich kaum schlafen, war nicht hungrig und hatte Depressionen – die Angst vor dem Tod und der Verlust meiner wunderbaren Mutter waren sehr vorherrschend.
Natürlich gibt es gegen die Nebenwirkungen ausgezeichnete Medikamente, jedoch bin ich mit einer kaputten Niere und einer Epilepsie geboren. Das bedeutet, ich darf meine Nieren nicht zusätzlich belasten und viele Wirkstoffe haben Wechselwirkungen mit meinen Antiepileptika.
Mein Mann erzählte mir, dass Cannabis eventuell gegen Schmerzen, Appetitlosigkeit und Angstzustände helfen könnte – so habe ich das probiert. Und tatsächlich: Ich konnte wieder essen, war definitiv lebendiger, interessierter am Leben; meine Ängste lösten sich in Wohlgefallen auf. Auch die Schmerzen wurden merklich besser. Ein „Joint“ wirkte da wie eine 800er Ibuprofen.

Damals war das noch illegal. Was hat sich seitdem verändert?

Seit 2017 kann man sich Cannabis über ein Betäubungsmittelrezept in Deutschland verschreiben lassen. Seitdem gibt es viel mehr Darreichungsformen, wie Öle, Tropfen, Cremes und Tabletten, die leichter zu dosieren sind. Natürlich gibt es jetzt aber auch die Blüten zum Verdampfen. Bekommt man diese, gibt es auch einen Verdampfer auf Rezept.

Wofür kann Cannabis eingesetzt werden?

Die Bandbreite ist weit. Ich habe mit über 60 Patienten gesprochen, deren Behandlung von anderen Medikamenten auf Cannabis umgestellt wurde. Darunter waren viele Schmerzpatienten mit MS oder Fibromyalgie, die vorher Opioide oder Morphine nehmen mussten. Vor der Umstellung nahmen sie eigentlich nicht mehr am Leben teil. Sie vegetierten vor sich hin. Nach der Umstellung waren es wieder glückliche, lachende Leute; einige konnten dem alten Job wieder nachgehen. Bei einem Patienten ersetzte Cannabis bis zu 16 andere tägliche Medikamente. Natürlich gibt es auch Patienten, bei denen der Einsatz von Cannabis nicht funktioniert, und es kann Wechselwirkungen mit anderen Präparaten wie z. B. Tamoxifen geben. Das gilt allerdings für jeden Wirkstoff, der in der Medizin eingesetzt wird.

Trotzdem ist die Cannabistherapie mit vielen Vorurteilen verbunden. Was ist, deiner Meinung nach, der Grund?

In unserem Sprachgebrauch ist das Wort Droge sehr negativ behaftet, obwohl alle Wirkstoffe natürlich Drogen sind. Morphine und Opiate sind anerkannte Drogen, weil der medizinische Einsatz bekannt ist. Obwohl Cannabis viel breitere Einsatzmöglichkeiten bietet und sehr viel sanfter in der Behandlung als solche Wirkstoffe ist, muss die Seriosität erst noch von Ärzten und Patienten aufgebaut, müssen Vorurteile abgebaut werden.

Wie kam es dazu, dass du dich so stark für medizinisches Cannabis einsetzt?

Es ist einfach ein richtig gutes Zeug, das mir und vielen anderen Menschen geholfen hat.

Was wünschst du dir für Krebspatienten bzgl. der Therapie mit Cannabis?

Ich wünsche mir, dass sich mehr Ärzte für Cannabis interessieren und sich schulen lassen. Hier sehe ich noch viel Nachholbedarf.

Beitragsbild: Jackie Hardt Photography
Das Interview führte Emma Howe

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