Lara ist 20 Jahre alt und lebt seit vielen Jahren mit systemischem Lupus erythematodes (SLE), einer seltenen Autoimmunerkrankung, die viele Organe im Körper angreifen kann. Lupus verursacht chronische Entzündungen und kann Symptome wie Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Nieren- und Herzbeteiligung auslösen. Die Diagnose ist oft schwierig und dauert nicht selten Jahre, da die Krankheit unspezifisch und vielfältig ist. Eine schwere Komplikation, die bei Lara zusätzlich auftrat, ist das Sick-Sinus-Syndrom (SSS). Dabei funktioniert der Sinusknoten, der den Herzrhythmus steuert, nicht richtig. Es kommt zu extrem langsamen oder schnellen Herzschlägen sowie gefährlichen Pausen, die lebensbedrohlich sein können. Ein Herzschrittmacher ist oft die einzige Therapie, um den Herzrhythmus zu stabilisieren. Im Interview berichtet Lara offen über ihre Diagnose, den langen Weg bis zur Behandlung, die Herausforderung mit der Krankheit und Erfahrungen mit dem Herzschrittmacher.
Lara, wie hat sich die Krankheit bemerkbar gemacht?
Als ich elf Jahre alt war, habe ich die ersten Symptome bekommen. Ich hatte starke Schmerzen in den Gelenken und war nicht mehr so belastbar wie andere Kinder. Unsere Hausärztin schob das auf die Pubertät und meinte, das sei normal. Also wurden meine Eltern und ich wieder nach Hause geschickt.
Wie ging es dann weiter?
Ich versuchte, trotz der Schmerzen weiter zur Schule zu gehen und ein „normales“ Leben zu führen. Doch zu den Schmerzen kamen mit der Zeit Gelenkverfärbungen hinzu. Ich wurde zu einem Orthopäden überwiesen, der ein MRT veranlasste. Obwohl bereits Entzündungen sichtbar waren, wurde ich lediglich zur Physiotherapie geschickt. Von Monat zu Monat wurden die Schmerzen schlimmer. Ich konnte teilweise kaum noch laufen. Es folgte eine Kniespiegelung, bei der man erneut Entzündungen feststellte, aber auch danach wurde nichts weiter unternommen. Ich war mittlerweile 14 Jahre alt und verbrachte viel Zeit in Wartezimmern verschiedenster Ärztinnen und Ärzte. Niemand nahm mich ernst, niemand konnte mir helfen. Ich wurde mit meinen Schmerzen alleingelassen.
Bis zur Diagnose dauerte es fünf Jahre.
Ja, insgesamt fünf Jahre Ungewissheit, Frust, Angst und Schmerzen. Immer wieder kamen neue Symptome hinzu: Hautausschläge, Haarausfall, extreme Müdigkeit, Fieberschübe. Ich bekam Herzrasen, war nach ein paar Treppenstufen völlig erschöpft. Mein Kinderarzt nahm schließlich Rheumawerte ab, die auffällig waren, und überwies mich an einen Kinderrheumatologen. Dort wurde zunächst eine juvenile idiopathische Polyarthritis vermutet. Ich bekam MTX als Basistherapie. Doch die Medikamente schlugen nicht an, mein Zustand verschlechterte sich weiter. Erst dann wurde die Lupus-Diagnose gestellt.
Aber die Diagnose brachte dir keine Erleichterung?
Leider nein. Einige Monate nach der Diagnose kam es zu einem massiven Schub. Plötzlich traten alle Symptome gleichzeitig auf. Ich hatte Fieber, Schmerzen, konnte mich kaum bewegen. Herz und Nieren waren mittlerweile ebenfalls betroffen. Ich war ständig im Krankenhaus.
Wie hast du diese Zeit erlebt?
Ich fühlte mich oft nicht ernst genommen. „So schlimm kann das doch nicht sein“, hörte ich immer wieder. Das tat weh, denn ich wusste, wie schlimm es wirklich war. Im November 2021 bekam ich einen Port gelegt, damit ich zu Hause Infusionen und Medikamente erhalten konnte. Der Port war für mich anfangs eine große psychische Belastung. Ich musste lernen, ihn als Teil meines Lebens zu akzeptieren.
Ein Jahr später folgte ein weiterer schwerer Einschnitt.
Ja, ich hatte einen weiteren Lupus-Schub und bekam zusätzlich eine Coronainfektion. Das brachte mein Herz komplett aus dem Takt. Ich kam auf die Intensivstation. Dort stellte man fest, dass mein Puls nicht mehr über 30 ging. Medikamente halfen nicht. Ich war voller Angst. Nachdem ich entlassen wurde, hatte ich Panik, einzuschlafen, aus Angst, mein Herz könnte aufhören zu schlagen. Kurz darauf bin ich zusammengebrochen, kam erneut ins Krankenhaus. Die Ärzte entschieden: Ich brauche einen Herzschrittmacher.
Was ging dir in diesem Moment durch den Kopf?
Ich war 17 und musste einen Herzschrittmacher bekommen. Das war ein riesiger Schock. Ich fragte mich: Wie kann das sein? Was kommt als Nächstes? Ich hatte Angst, doch gleichzeitig wusste ich, dass es notwendig war. Nach der Operation merkte ich recht schnell, dass es mir körperlich besser ging. Ich war belastbarer, konnte wieder kleine Dinge erledigen, ohne sofort erschöpft zu sein. Das half mir, den Herzschrittmacher zu akzeptieren.
Was bedeutet das Leben mit dem Herzschrittmacher und der Diagnose Sick-Sinus-Syndrom für dich?
Das Sick-Sinus-Syndrom äußert sich bei mir durch Phasen von sehr langsamem Herzschlag, schnellen Herzrhythmen und längeren Pausen, was ohne Herzschrittmacher lebensgefährlich wäre. Man vermutet, dass diese Herzprobleme durch die Lupus-Entzündungen am Herzen, wie zum Beispiel Myokarditis, entstanden sind. Der Herzschrittmacher hat mir viel Lebensqualität und vor allem Sicherheit zurückgegeben. Trotzdem bedeutet das Leben mit der Erkrankung eine ständige Herausforderung: Ich muss meinen Alltag vorsichtig planen, auf Symptome achten und mich regelmäßig ärztlich kontrollieren lassen.
Wie schaffst du es, an schwierigen Tagen positiv zu bleiben?
An schlechten Tagen helfen mir vor allem meine Familie und Freunde, die mich unterstützen und an meiner Seite stehen. Ohne sie wüsste ich nicht, wie ich all das schaffen sollte. Es ist oft schwierig, nicht zu wissen, wie es weitergeht, wann der nächste Schub kommt und wie ich die Schmerzen ertragen soll. Aber der Rückhalt gibt mir Kraft.
Wie sieht dein Alltag heute aus?
Mein Alltag ist oft eintönig und von Therapien geprägt. Eine Behandlung zwischen Januar und April brachte leider nicht den erhofften Erfolg, weshalb ich nun auf eine neue Therapie mit Antikörpern warte. Darauf setze ich große Hoffnungen.
Was würdest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Man sollte nicht aufgeben und sich Unterstützung suchen. Auch wenn es oft schwer ist, darf man sich nicht entmutigen lassen, wenn man nicht sofort ernst genommen wird. Es hilft, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, um Mut zu finden und die Krankheit besser zu verstehen. Lupus und das Sick-Sinus-Syndrom sind schwere Erkrankungen, aber man kann lernen, damit zu leben und wieder Lebensqualität zu gewinnen.