Die Nacht ist kalt. Henri Palettas Hand ruht auf Bärbels Rücken. Eigentlich haben die beiden schon geschlafen. Henri zieht seine Jacke zu. Ein kurzes Kommando und Bärbel läuft los. Sie will schnell voran. Ein Mensch ist verschwunden. Vielleicht in Not. Bärbel soll ihn finden.
Bärbel ist eine ungarische Jagdhündin und „Mantrailer“, also Personenspürhund. In jahrelanger Ausbildung hat Henri Paletta ihr beigebracht, wie sie die Spur eines Menschen aufnimmt, zuverlässig verfolgt und ihn findet. Der 45-Jährige ist Vizepräsident des BRH Bundesverband Rettungshunde e. V. und Vorstandsmitglied in der BRH Rettungshundestaffel Westerwald e. V. In dieser Eigenschaft ist er für 2.500 Mitglieder und zehn hauptamtliche Mitarbeiter verantwortlich. Seit mehr als zehn Jahren ist er im In- und Ausland ehrenamtlich im Einsatz und rettet gemeinsam mit seinen Hunden Bärbel und Lucy Menschenleben. Dies alles zusätzlich zu seiner Arbeit als Regierungsbeamter im nordrhein-westfälischen Innenministerium. An diesem Abend sucht Bärbel einen Senior, der aus dem Altenheim verschwunden ist. „Das läuft dann ganz klassisch: Der Hund schnüffelt an Kleidung des Vermissten und läuft los. Immer an der Leine des Hundeführers.“ Mischling Lucy hingegen ist ein Flächensuchhund. Sie ist darauf trainiert, eine große Fläche alleine zu durchsuchen. Findet sie die vermisste Person, bellt sie so lange, bis ihr Hundeführer bei ihr ist. Zwischen zwei und vier Jahre Ausbildung muss ein Hund durchlaufen, bis er sich Rettungshund nennen darf.
Erfolgreiche Rettungseinsätze: Henri Paletta und seine Hunde finden den vermissten Senior
An diesem Abend hat die Hundestaffel Erfolg: Der Senior wird unverletzt aufgefunden. Henri und Bärbel können zurück nach Hause. Rund 60-mal im Jahr wird die Staffel, der Henri Paletta angehört, alarmiert. Bundesweit sind es rund 1.400 Einsätze für 96 Hundestaffeln. Haupteinsatzort von Henri und seinen Hündinnen ist Rheinland-Pfalz. Wenn im oder um den Westerwald herum jemand als vermisst gemeldet wird, sind es mit großer Wahrscheinlichkeit Henri und seine Kollegen, die sich auf die Suche machen.
BRH Rettungshunde im Ausland: Unterstützung bei Naturkatastrophen weltweit
Aber auch im Ausland hilft der BRH. Bei Erdbeben, Überschwemmungen oder Tsunamis. Mit und auch ohne Hunde. „Wir leisten medizinische Erstversorgung, Trinkwasseraufbereitung und Aufbauarbeit“, sagt Henri. „In der Regel läuft das so ab, dass wir aus dem Land, in dem es einen Schadensfall gab, einen Request bekommen, also konkret angefordert werden.“ Ob die Hunde auch mitgenommen werden, entscheidet das Einsatzland je nach Situation. „Kameradinnen und Kameraden waren beim Erdbeben in der Türkei dabei. Da haben sie ihre eigenen Hunde eingesetzt.“ Der BRH stellt aber nicht nur die zwei- und vierbeinigen Retter. Werden sie angefordert, müssen Tonnen von Equipment in Bewegung gesetzt werden: medizinisches Gerät, Zelte, Schutzkleidung, technische Ausrüstung, Nahrungsmittel und Trinkwasser. Auch das Flugzeug zum Einsatzort muss der BRH selbst chartern. „In der Regel ist unser Team, sechs Stunden nachdem der Request eingeht, abflugbereit.“
Henri Paletta’s Erinnerungen an Auslandseinsätze: Hilfe nach dem Tsunami in Indonesien
Aus seinen Auslandseinsätzen bringt Henri prägende Erinnerungen mit. „In Indonesien, nach dem Tsunami 2018, standen wir auf einem Landstrich, der durch die Naturgewalten verschoben und ins Landesinnere gedrückt wurde. Es war beklemmend, da zu stehen und zu wissen, dass unter uns ein Dorf praktisch ausgelöscht wurde.“ Henri konzentriert sich auf das, was in solchen Katastrophen Hilfe bringt. In Indonesien haben sie Trinkwasser aufbereitet. Mütter konnten nach Tagen wieder sichere Nahrung für ihre Babys zubereiten. Momente, die ihm noch immer nahegehen.
Henri Paletta im Auslandseinsatz: Hilfe für die Philippinen und Haiti
Auch auf den Philippinen und Haiti war Henri, um zu helfen. Dabei ist neben der akuten Hilfe auch der langfristige und nachhaltige Wiederaufbau wichtig. „Wir schauen immer, was wir tun können, um Stabilität zu bringen. Sei es, Schulen aufzubauen oder Infrastruktur zu schaffen.“
Emotional berührende Rettungseinsätze: Henri Paletta im Einsatz für vermisste Kinder
Es sind nicht nur die Einsätze in Katastrophengebieten, die Henri emotional berühren. Wenn er mit seinen Hunden in seiner Heimat Vermisste sucht, bekommt er das Schicksal von Familien hautnah mit. „Wenn Kinder vermisst werden, ist es besonders schwer“, sagt er. „Einmal waren wir nachts unterwegs, um ein kleines Kind zu suchen. Man baut in solchen Momenten eine Verbindung zu den Eltern auf, teilt ihre Angst und Hoffnung. Dann kam die Nachricht, dass das Kind gefunden wurde. Zu spät. Ertrunken in einem nahe gelegenen Bach. Das war ein harter Schlag.“
Rettungserfolge, die Henri Paletta motivieren: Der Moment, in dem ein Leben gerettet wird
Henri fokussiert seine Gedanken auf die Momente, in denen sie es geschafft haben, einen Menschen zu retten. „Da war dieses junge Mädchen“, erinnert sich Henri. „Sie wollte nach Hause, hatte sich aber verirrt und war auf einer Wiese gestürzt. Bärbel und ich waren da, und gemeinsam mit einem anderen Suchteam haben wir sie gefunden – leicht benommen, aber lebendig. Das sind die Momente, die mich daran erinnern, warum ich das tue.“
Der Dienst für andere Menschen zieht sich durch Henri Palettas Lebenslauf: Er ist gelernter Krankenpfleger und Rettungsassistent, war zwölf Jahre lang Zeitsoldat, hat sein Abitur nachgeholt, Sozialwissenschaften studiert, war Bewährungshelfer und hat sich ständig weitergebildet, sogar seinen Doktor gemacht. Zum BRH ist er nach seiner Zeit bei der Bundeswehr gekommen. „Ich hatte schon immer Hunde, und nach meiner Zeit als Soldat begann ich damit, meine Hunde für die Rettungshundearbeit zu trainieren.“ Sein Ehrenamt ist sehr zeitintensiv. „Es ist manchmal schwer, das mit Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, aber es lohnt sich. Natürlich sind es die Momente des Findens, die mich motivieren, aber auch das Training, die Gemeinschaft mit den Hunden, das Vertrauen, das sich über Jahre entwickelt“, sagt Henri Paletta und fügt hinzu: „Die Vizepräsidentin der Bayerischen Landesapothekerkammer, Franziska Scharpf, hat mal gesagt: ‚Ehrenamt ist keine Arbeit, die nicht bezahlt wird. Es ist Arbeit, die einfach unbezahlbar ist.‘ Das ist in meinen Augen ein sehr zutreffendes Zitat und zeigt die Wichtigkeit aller ehrenamtlichen Tätigkeiten, egal wer sie wo ausführt.“
Das Ehrenamt von Henri Paletta: Zeitintensive Rettungshundearbeit
Die Familie spielt für Henri eine zentrale Rolle und muss bei so viel Einsatz natürlich mitziehen. „Meine Frau ist auch in der Rettungshundestaffel“, erzählt er. „Es ist schön, dass wir diese Leidenschaft teilen, aber wir achten darauf, dass es in der Familie auch noch andere Themen gibt.“ Sie sind eine Patchworkfamilie mit vier Kindern und drei Hunden. Die ehrenamtliche Rettungshundearbeit vermittle den Kindern wichtige Werte. Verantwortungsbewusstsein, Empathie, Einsatzbereitschaft, Teamgeist und natürlich Tierliebe – aber vor allem, sagt Henri, „muss man ein bisschen verrückt sein, um das zu machen.“
Der BRH Bundesverband Rettungshunde auf einen Blick:
- Weltweit größte und rettungshundeführende Organisation.
- Bundesweit mehr als 2.200 ehrenamtliche Einsatzkräfte.
- Über 90 Rettungshundestaffeln in allen Bundesländern.
- Kostenlose und anspruchsvolle Aus- und Weiterbildung aller Einsatzkräfte in drei Ausbildungszentren.
- Jährlich 1.300 Alarmierungen durch die Behörden zur Suche nach vermissten oder verschütteten Personen.
- Seit bald 50 Jahren regelmäßig im internationalen Einsatz – zuletzt 2023 in der Türkei.
- Alle Einsätze sind für Anforderer und Betroffene kostenfrei.
- Alle Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich – vom Präsidenten bis zur Einsatzkraft.
Weitere Informationen unter: www.bundesverband-rettungshunde.de
Unterstützen Sie die wichtige Arbeit des BRH:
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Niederrheinische Sparkasse Rhein Lippe
Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Rettungshunde e. V. umgesetzt