Eine Erkrankung, die so selten ist wie die blastäre Neoplasie der plasmazytoiden dendritischen Zellen (BPDCN), stellt eine differenzialdiagnostische Herausforderung dar. Wie kann sie zügig diagnostiziert und therapiert werden? Zu diesem Thema sprachen wir mit Prof. Dr. Thomas Schroeder.
Herr Prof. Dr. Schroeder, was ist die BPDCN und mit welchen Symptomen geht sie einher?
Die BPDCN ist eine sehr seltene Erkrankung, die erst seit Kurzem als eine eigene Entität in der WHO-Klassifikation definiert ist. Sie kann sich an sehr verschiedenen Organsystemen zeigen, zum Beispiel an der Haut, im Blut, im Knochenmark oder an den Lymphknoten. Deswegen ist die Kooperation verschiedener Disziplinen für die Diagnose von BPDCN sehr wichtig.
Kennt man die Ursachen?
Nein, die konkreten Ursachen sind nicht bekannt. Es gibt eine Häufung im höheren Lebensalter, wobei die BPDCN auch bereits bei Kindern auftreten kann.
Warum vergeht oft relativ viel Zeit, bis eine BPDCN diagnostiziert wird?
Das ist der Seltenheit der Erkrankung geschuldet. Selbst wir, im spezialisierten, großen Universitätsklinikum, sehen nur etwa zwei bis drei Fälle pro Jahr. Auch Pathologen haben selten mit dieser Erkrankung zu tun. Aus diesem Grund braucht es meist etwas mehr Zeit bis zum richtigen Verdachtsmoment und ggf. der Bestätigung.
Seltene Erkrankungen stellen eine differenzialdiagnostische Herausforderung dar. Wie erfolgt die Diagnose bei BPDCN?
Zeigen sich Symptome in der Haut, erfolgt zunächst eine Biopsie mit histopathologischer und immunhistochemischer Untersuchung. Sind Blut und Knochenmark befallen, wird eine Zytologie, Histologie und Durchflusszytometrie gemacht. Entscheidend zur Diagnosestellung sind bestimmte Marker: Das Auftreten der Marker-Trias CD123, CD4, CD56 ist typisch für BPDCN. Begleitend werden teils auch zyto- und molekulargenetische Untersuchungen zur Abklärung gemacht.
Wie geht es nach der Diagnosestellung für die Patienten weiter?
Der Behandlungsplan entscheidet sich danach, ob Patienten für eine sehr intensive Therapie geeignet sind. Man versucht nach Möglichkeit, die Erkrankung durch den kurativen Ansatz in Remission zu bringen. Im Anschluss erfolgt ggf. eine allogene Stammzellentransplantation. Junge, fitte Patienten erhalten dafür in der Regel eine intensive Chemotherapie. Es gibt auch die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie mit einem Fusionsprotein in Kombination mit dem Diphtherietoxin, das sich an bestimmte Marker bindet und in der Regel gut verträglich ist. Auch niedrig dosierte Chemotherapien und eine Therapie mit hypomethylierenden Substanzen sind möglich.
Haben Sie eine Empfehlung für Betroffene?
Wie bei fast allen sehr seltenen Erkrankungen ist wichtig, sich in einem spezialisierten Zentrum behandeln zu lassen, denn nur hier ist die entsprechende Erfahrung gegeben. Dies triff auch auf die allogene Transplantation zu, die an einem größeren Transplantzentrum stattfinden sollte. In Deutschland sind insbesondere Universitätskliniken gute Anlaufstellen.
Das Interview führte Miriam Rauh
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