Die X-chromosomale Hypophosphatämie (kurz XLH) ist eine seltene Erkrankung des Bewegungsapparats, die durch Phosphatverlust gekennzeichnet ist, weshalb die Erkrankung auch Phosphatdiabetes genannt wird. Wir sprachen mit Stefan Hötzl über sein Leben mit der Erkrankung.
Herr Hötzl, Sie haben die seltene Erkrankung Phosphatdiabetes. Wann und wie wurde sie bei Ihnen diagnostiziert?
Bei mir wurde XLH kurz nach meiner Geburt diagnostiziert, da meine Mutter ebenfalls betroffen ist und die Ärzte mich direkt darauf getestet haben. Hier hatte ich quasi Glück im Unglück und musste nicht, wie viele andere Betroffene von seltenen Erkrankungen, Monate oder Jahre auf eine Diagnose warten.
Wie hat sich die Erkrankung entwickelt?
Die Erkrankung wurde im Kleinkindalter sichtbar. Mit dem Beginn des Laufens zeigten sich O-Verformungen der Arme und Beine. Im Alter von drei Jahren bekam ich Schienen auf beiden Beinen. Die musste ich, außer im Bett, ständig tragen, bis ich sechs Jahre alt war. Mit meinem siebten Lebensjahr begannen die ersten Operationen an den Beinen. Dabei wurde versucht, die Beine gerade zu stellen. Ich verbrachte sehr viel Zeit im Krankenhaus und trug oft monatelang einen Gips. Das hat sich bis zu meinem 17. Lebensjahr kontinuierlich durchgezogen.
Wie haben Sie mit den Einschränkungen gelebt, und wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?
Dadurch, dass ich es nicht anders kannte, war das für mich normal. Zudem hatte ich das Glück, dass die Gemeinschaft bei uns immer gepasst hat und ich nie als „behindert“ abgestempelt wurde. Ich stand dann eben mit Gips am Fußballplatz und habe meine Freunde angefeuert. Zudem hatte ich immer einen starken Rückhalt und Unterstützung von meiner Familie. Das hat mich zu einem selbstbewussten und schlagfertigen Mann werden lassen, der das Leben – trotz aller Hürden – genießen kann.
Was waren und sind für Sie die größten Herausforderungen aufgrund Ihrer Erkrankung?
Ich bin 42 Jahre alt und hatte um die 40 Operationen, und nach wie vor sind meine Beine meine größte Herausforderung. Durch die ganzen Operationen gab es einige Komplikationen, wie beispielsweise das Kompartmentsyndrom. Noch heute muss ich regelmäßig operiert werden, und das wird laut meinem Orthopäden leider auch so bleiben. Meine größten Schmerzpunkte sind die Beine und die Zähne.
Inwiefern sind Ihre Zähne betroffen?
Obwohl man alles tut, sie putzt, eine sehr intensive Zahnpflege betreibt, sterben sie einfach nacheinander ab. Mit fünf Jahren war ich das erste Mal mit einer schmerzhaften Zahnentzündung beim Arzt, und 30 Jahre später wurden meine letzten Zähne gezogen. Heute habe ich im Unterkiefer Implantate und im Oberkiefer eine Vollprothese.
Fühlten und fühlen Sie sich medizinisch gut betreut?
Mein Zahnarzt hat schon meine Mutter behandelt und kannte die Auswirkung der XLH auf die Zähne. Er wusste, was auf ihn und mich zukommt. Mein Kinderarzt war wie ein Freund für mich. Wir haben in der gleichen Gegend gewohnt, und wenn wir uns nicht bei ihm in der Praxis gesehen haben, wo ich sehr oft war, traf man sich auf der Straße und unterhielt sich. Bis zu meinem 20. Lebensjahr war ich bei ihm in Behandlung und fühlte mich sehr gut betreut. Danach war ich außer bei meinem Orthopäden, beim Zahnarzt und ab und zu auf der Endokrinologie eigentlich nirgends mehr. Der Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin hat bei mir nicht so gut funktioniert. Hier würde ich mir mehr Aufklärung wünschen – nicht nur für XLH-Patienten, sondern für jeden chronisch Kranken.
Wie geht es Ihnen heute?
Mir geht es gut. Ich fahre, wenn das Wetter passt, jeden Tag 32 Kilometer mit dem Fahrrad zur Arbeit und versuche, ein ganz normales Leben zu führen. Ich humple etwas, aber sonst sieht man mir meine Erkrankung nicht an. Schmerzen sind mein ständiger Begleiter, und das wird wohl auch so bleiben, aber dank der Therapie sind sie erträglich.
Was möchten Sie anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Aus meiner Sicht ist das Wichtigste Akzeptanz und Offenheit. Niemand kann ändern, dass er krank ist, aber jeder kann entscheiden, wie er damit umgeht. Ich habe mich dafür entschieden, das Beste daraus zu machen.
Das Interview führte Emma Howe
Anlaufstellen für Betroffene
Kontakte zu anderen Erkrankten helfen, den Umgang und das Leben mit Phosphatdiabetes zu erleichtern. Durch Gespräche und Erfahrungsaustausch sammelt sich eine Vielzahl an Wissen an, das von allen Betroffenen für die „Hilfe zur Selbsthilfe“ genutzt werden kann.
Weitere Informationen für XLH-Patienten aus Deutschland unter: www.phosphatdiabetes.de, und für Patienten aus Österreich unter: www.phosphatdiabetes.at
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