Brustkrebs

„Ich denke an das Leben, nicht an den Tod“

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Vor einem Jahr bekam Franziska die Diagnose metastasierter Brustkrebs. Im Interview spricht sie über ihren Kampf und ihren großen Traum: die Teilnahme beim Ironman 2024 in Neuseeland.

Mit Rückenschmerzen fing alles an. Bitte erzähle uns davon.

Letztes Jahr habe ich mich auf meinen ersten Ironman vorbereitet und bekam vier Wochen vorm Start fürchterliche Rückenschmerzen. Nach einem Orthopädiemarathon wurde ein Bandscheibenvorfall entdeckt und behandelt, doch der Rücken wurde immer schlimmer und nichts half.

Kurze Zeit später konnte ich einen sehr großen Knoten in der linken Brust fühlen. Das besorgte mich zuerst nicht, da ich vor drei Monaten zur Vorsorge mit Sonografie war. Dort war alles in Ordnung. Doch der Knoten entwickelte sich innerhalb von wenigen Tagen zu einem riesigen harten Ei und ich ging zum Frauenarzt. Dort bekam ich am 12. Oktober 2022 die Diagnose Brustkrebs.

Bereits zwei Tage später lag ich im Krankenhaus, da im CT in den Knochen Metastasen und in der Leber Auffälligkeiten entdeckt wurden. Meine Wirbelsäule sah aus wie ein Lochmuster, in der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule waren mehrere stabilitätsgefährdende Osteolysen. Es folgten Bettruhe, Orthese und Bestrahlung sowie Antihormontherapie, CDK-4/6-Hemmer und alle vier Wochen eine Knochenspritze und eine für die Wechseljahre.

Was haben die Ärzte zu dir gesagt?

Ich kann mich an eine Visite im Krankenhaus erinnern. Mein Zimmer war voll mit Ärzten. Sie sprachen über meinen Verlauf und eine Ärztin fragte ziemlich entgeistert: „Sie haben noch einen Ironman gemacht? Wann denn?“ – „Ja, vor vier Wochen.“ Es herrschte Entsetzen und Stille im Raum. Ein Orthopäde meinte später zu mir, dass mir der Sport wahrscheinlich das Leben gerettet hat, denn bis zum Genickbruch hätte nicht mehr viel gefehlt. Meine Muskulatur hat mich davor bewahrt.

Innerhalb weniger Tage hat sich dein Leben komplett verändert. Wie bist du damit umgegangen?

Ich lag ungefähr sechs Wochen im Krankenhaus. Da konnte und musste ich mich mit meiner neuen Lebenssituation befassen. Ich kann mich schnell an neue Situationen anpassen und habe schon immer das Gute in allem Schlechten gesehen. Ich dachte, Moment mal, du blöder Krebs, du hast dich mit Sicherheit an der Tür geirrt. Ich gehöre in keine Statistik, ich habe nicht das typische Alter für Brustkrebs und bin körperlich in einer sehr guten Verfassung. Ich habe mir fest vorgenommen, dem Krebs die Stirn zu bieten, schnell wieder auf die Beine zu kommen und die Metastasen, so gut es geht, loszuwerden, beziehungsweise zu kontrollieren.

Wie ging es dann weiter?

Nach der Zeit im Krankenhaus war ich froh, wieder zu Hause, bei meiner Familie, zu sein. Aber es war auch hart, denn ich konnte gefühlt nichts mehr. Nicht alleine laufen, mich nicht alleine waschen, geschweige denn etwas im Haushalt erledigen. Das musste ich alles geduldig und Schritt für Schritt neu lernen – und Geduld ist nicht meine größte Stärke. Zudem wollte ich unbedingt wieder Sport machen. Ich bin durch und durch Sportlerin, und neben meiner Familie bedeutet mir Triathlon sehr viel beziehungsweise ist ein Teil meiner Persönlichkeit geworden. Das konnte ich nicht kampflos aufgeben und begann zu trainieren – von ganz kleinen Minischritten bis hin zu richtig echtem Training. Das ging von Tag zu Tag besser und ich wurde auch immer schmerzfreier. Und so habe ich beschlossen, dass ich mich für die Ironman-70.3-Weltmeisterschaft 2024 in Neuseeland qualifiziere. Das ist gesund schon schwer, aber ich habe ja eben weniger Zeit als gesunde Menschen!

Wie geht es dir heute?

Bis Ende März lief alles nach Plan. Die Therapie schlug an, die Orthese konnte weg und die Knochen sahen besser aus. Mein Tumormarker ist von 600 auf 300 gesunken, mein Training ging voran. Doch leider wurden Lebermetastasen entdeckt und nun warten 18 Runden Chemotherapie auf mich. Davor habe ich richtig Angst – vorm Haareverlieren, vor den anderen unschönen Nebenwirkungen, davor, dass es offensichtlich wird. Trotzdem kämpfe ich weiter, kremple die Ärmel hoch und steige in den Ring. Ich glaube ganz fest daran, dass ich noch lange uneingeschränkt hier sein darf.

Welche Prognose geben dir die Ärzte?

Ich habe eine großartige Onkologin, die sagt, wahrscheinlich werde ich nicht das Durchschnittsalter einer deutschen Frau von 87 Jahren erreichen. Das reicht mir an Prognose. Meine Krankheit ist noch nicht heilbar, aber ich habe großes Vertrauen in die sich sehr rasant entwickelnde Medizin!

Was ist dein größter Wunsch?

Ganz klar, meine Kinder aufwachsen sehen! Aber ich habe das mal ein bisschen erweitert, in: Ich wünsche mir ein langes und unbeschwertes Leben für meine Familie und mich!

Was möchtest du anderen betroffenen Frauen in deiner Situation raten?

Habt Vertrauen in eure Stärke, Mädels! Verschwendet nicht allzu viel Zeit mit Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Umgebt euch mit Menschen, die euch guttun, und vor allem, denkt an das Leben und nicht an den Tod! Das alles ist ein dickes Brett und muss erst mal verdaut werden, dafür braucht es Zeit und Unterstützung. Die darf man sich holen!

Autor: Leonie Zell
Foto: privat


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