Kristina ist eine der rund 31.000 Menschen in Deutschland, die an primär biliärer Cholangitis (PBC) erkrankt sind. Seit 2021 weiß die 37-Jährige, dass sie an der nicht heilbaren, aber behandelbaren Autoimmunerkrankung der Leber leidet, die zu 90 Prozent Frauen betrifft.
Liebe Kristina, dein Weg bis zur Diagnose der primär biliären Cholangitis war ja keineswegs einfach für dich. Kannst du bitte beschreiben, wie alles begann?
Sie begann mit dem Tod meines Vaters 2013. Er hatte Dünndarmkrebs und ist an einer Leberzirrhose gestorben. Im histologischen Befund kam dann heraus, dass er an einer seltenen Lebererkrankung litt. Weil solche Erkrankungen relativ häufig vererbbar sind, hat man mir dann dazu geraten, das überprüfen zu lassen. Mir ging es zu dem Zeitpunkt aber gut, und ich habe das nicht gemacht.
Ein Jahr später hatte ich einen Bandscheiben-riss. Weil ich nach der Reha nicht gleich wieder arbeitsfähig war, hat der medizinische Dienst mich zu einem Check-up eingeladen. Nach einer Woche hatte ich dann einen auffälligen Befund. Ich erhielt eine Überweisung mit Verdacht auf primär biliäre Cholangitis an die Uniklinik. Die habe ich dann daheim erst mal in die Ecke gepfeffert und gedacht: Mir geht‘s gut, ich mache da jetzt nichts. Das ging fast über ein Jahr so.
Wie ging es dann weiter?
Irgendwann habe ich mich sehr erschöpft gefühlt und einen Juckreiz bekommen, der immer schlimmer wurde. Erst 2017 habe ich mich dann doch in der Uniklinik untersuchen lassen. Die Diagnose, die ich dort bekam, schwankte zwischen PBC und PSC – das heißt primär sklerosierender Cholangitis. Außerdem erhielt ich dort die Telefonnummer eines Seelsorgers, der mir mehr über die Krankheit erzählen könne. Ich habe dann einen Termin gehabt mit einem netten Herrn, der mir erzählt hat, ich solle mich psychisch darauf einstellen, dass ich spätestens in circa 15 Jahren eine neue Leber bräuchte.
Das war natürlich erst mal ein Schock für mich. Ich habe in dieser Zeit gedacht: Ich möchte keine weiteren Arztbesuche oder irgendeine Untersuchung mehr. Ich habe damals wochenlang geheult und mich gefragt: Unvorstellbar, warum ich?
Du hast relativ lange gebraucht, um zu akzeptieren, dass du tatsächlich primär biliäre Cholangitis hast. Wann war der Wendepunkt?
Nach weiteren anderthalb Jahren habe ich mich doch dazu aufgerafft, mir die Diagnose bestätigen zu lassen. Mit Unterstützung meiner Hausärztin habe ich mich für die Uniklinik in Heidelberg entschieden. 2021 wurde dort die Diagnose PBC bestätigt. Ich wurde sofort medikamentös eingestellt. Der Juckreiz war innerhalb von einer Woche fast komplett weg. Und ich war so glücklich darüber! Die Erschöpfung ist geblieben, die habe ich auch heute noch – mal mehr, mal weniger.
Was hat sich geändert, als du schwarz auf weiß hattest, dass du an PBC erkrankt bist?
Ich bin immer ein sehr positiver Mensch gewesen. Und ich genieße das Leben in vollen Zügen. Die Klarheit darüber, primär biliäre Cholangitis zu haben, hat mir geholfen, die Situation zu akzeptieren. Ich denke, wenn irgendwelche Hürden im Leben kommen, muss man sich ihnen einfach stellen. Ich habe lernen müssen, dass ich diese Erkrankung habe und dass das okay ist. Ich musste mich damit identifizieren und akzeptieren, dass die PBC jetzt zu mir gehört und dass ich Wege finden muss, damit umzugehen. Je länger ich mich damit auseinandergesetzt hatte, desto mehr habe ich dann gedacht, die PBC hat sogar auch etwas Gutes. Denn ich muss jetzt besser auf mich achten und mich mehr um mich kümmern! Und das hat ja positive Effekte!
Wie lebst du heute mit der PBC?
Wichtig ist, dass ich weiß, wie ich mit meiner Erkrankung umgehen muss. Ich habe eine positive Einstellung zu meiner PBC gefunden. Ich bin glücklich. Ich mache alles, was mir Spaß macht! Und das ist auch mein Lebensmotto. Ich habe einen Sohn, der fast 14 ist, bin alleinerziehend und arbeite als Konstruktionsingenieurin. In meiner Freizeit spiele ich gerne Tennis. Und bis letztes Jahr war ich auch Leichtathletiktrainerin und habe hier viele Jahre mit Kindern gearbeitet.
Bis letztes Jahr habe ich Vollzeit gearbeitet und dann auf 90 Prozent reduziert. Ich merke aber, dass mir auch das noch zu viel ist und ich das nicht gut schaffe. Eine Vier-Tage-Woche wäre ideal. Die Wochenenden sind mir mittlerweile einfach zu kurz. Ich brauche Erholungsphasen und Zeit zum Durchatmen.
Außerdem achte ich darauf, dass ich mich ausreichend bewege. Ich fahre jeden Abend eine Runde Fahrrad. Und wenn ich dann noch ein- oder zweimal die Woche Tennis spiele, geht’s mir gut. Die Ernährung ist natürlich auch ein Faktor. Sie hängt mit der Leber und dem Darm zusammen. Ich musste lernen, dass ich bestimmte Dinge nicht vertrage. Die lasse ich jetzt weg.
Wenn ich in dieser Hinsicht bewusst auf mich achte, habe ich die Symptome der PBC viel besser im Griff. Ich habe viel mehr Energie. Und ich fühle mich auch psychisch besser!
Gehst du zu regelmäßigen Kontrollen zum Arzt?
Ich achte sehr darauf, dass ich regelmäßige Kontrollen machen lasse. Einmal im Jahr gehe ich in die Uniklinik. Da werden dann Ultraschall und weitere größere Untersuchungen durchgeführt. Alle drei Monate lasse ich von meiner Hausärztin außerdem meine Blutwerte kontrollieren, um möglicherweise meine Therapie anzupassen. Nachdem ich über lange Jahre die Augen vor meiner PBC mehr oder weniger verschlossen habe, ist mir diese engmaschige Überwachung jetzt total wichtig. Denn ich habe verstanden, dass ich meine Symptome viel besser im Griff haben kann, wenn ich weiß, was los ist.
Was rätst du anderen Menschen mit PBC?
Ich möchte Mut machen und anderen sagen: Nehmt eure PBC aktiv in die Hand! Betroffene sollten akzeptieren, dass die Erkrankung ein Teil von ihnen ist, dass sie aber mit einem aktiven Symptom- und Therapiemanagement ganz viel für ihr eigenes Wohlbefinden tun können. Wichtig sind meiner Meinung nach auch regelmäßige Kontrollen ihrer Leberwerte, damit sie bei der Therapiefindung beim Arztgespräch auf Augenhöhe mitreden können. Und: Sie sollten vor allem nicht zulassen, dass sie die Freude am Leben verlieren! Sie sollten die kleinen Dinge zu schätzen wissen und jeden Tag genießen!
Du engagierst dich bei Patiententagen im Rahmen der Veranstaltungsreihe „PBC on Tour“ für andere Betroffene. Was ist dir dabei wichtig?
Diese Initiative liegt mir total am Herzen und macht mir ganz viel Spaß. Sie klärt auf zum aktuellen Stand der Wissenschaft, will die Versorgungswege in PBC verbessern und bietet Betroffenen Raum für persönlichen Austausch. Ich begleite die PBC-Tour seit Anfang des Jahres. Sie geht durch fünf Städte – Kiel, Bühl, Leipzig, Bochum und Berlin. Es gibt jeweils drei Workshops an diesen Patiententagen. Und ich betreue den zum Thema Selbstmanagement – das heißt: Was kann ich selbst für mich tun, damit es mir gut geht? Und damit ich gesund bleibe bzw. das Stadium halte, in dem ich jetzt bin.
Was bringt dir der Austausch mit anderen PBC-Patienten im Rahmen der Tour?
Durch das Gespräch mit Menschen, die auch primär biliäre Cholangitis haben, lerne ich total viel dazu. Es gibt immer wieder tolle Anregungen und Gedankenanstöße, und ich profitiere unglaublich viel von den Erfahrungen der anderen. Sie eröffnen noch mal ganz neue Perspektiven und zeigen oft auch andere Strategien für das individuelle Selbstmanagement auf.
Außerdem ist es schön zu sehen, wie ermutigend Gespräche mit anderen Betroffenen sind. Oft sind die Teilnehmer total verunsichert, wenn sie ankommen. Der Austausch mit den anderen bestärkt sie ungemein – und am Ende gehen sie dann mit einem positiven Gefühl nach Hause. Das ist für mich genau die Motivation, weshalb ich mich bei diesen Veranstaltungen engagiere. Und das gibt mir dann auch den Mut, mir zu sagen: „Hey, du brauchst keine Angst vor der Zukunft zu haben und vor dem, was kommt!“ Das macht mich stärker! Und das ist wirklich schön!
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PBC – eine seltene Erkrankung der Leber
Die Symptome variieren von Person zu Person, häufige Anzeichen sind:
PBC ist eine seltene autoimmune Leberkrankheit. Zunächst werden die kleinen Gallengänge in der Leber angegriffen und können zerstört werden. Langfristig greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und kann im Endstadium zur Zirrhose führen. Die Symptome sind von Person zu Person unterschiedlich. So können einige der hier genannten Symptome in mehr oder weniger starker Ausprägung auftreten – andere wiederum gar nicht. Zudem können Symptome im Laufe der Zeit zunehmen oder sich verändern. Für Betroffene ist es wichtig, dass sie ihre Laborwerte im Blick behalten und ihre Beschwerden mit dem Arzt besprechen.
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Dieses Interview wurde in Zusammenarbeit mit IPSEN umgesetzt
Freigabenummer: DRSC-DE-000356