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Morbus Fabry – „Ein Leben ohne Schmerzen kenne ich nicht“

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Hände und Füße brennen wie Feuer, mit brennenden Nadelstichen. Muskel-, Knochen- und Gelenkschmerzen kommen hinzu – so beschreibt Conny Landgraf seine Leiden. Er lebt mit Morbus Fabry. Wir haben ihn zum Interview getroffen.

Sie haben einen langen Weg gehen müssen, bis Sie die Diagnose erhalten haben. Wann sind die ersten Beschwerden aufgetreten?

Schon in früher Kindheit war ich nicht so leistungsfähig wie andere Kinder. Und in meinem neunten Lebensjahr begannen dann die Schmerzen. Plötzlich plagte mich ständig ein stechendes Gefühl in den Händen und Füßen. Das war teilweise unerträglich. Der Kinderarzt vermutete Wachstumsschmerzen, da er keine andere Ursache ausmachen konnte. Als die Schmerzen immer schlimmer wurden, Magen-Darm-Beschwerden und starke Kopfschmerzen hinzukamen, verwies er mich zum nächsten Arzt, der wiederum zum nächsten und so ging das jahrelang weiter, doch keiner fand den Grund für mein Leid. Das war sehr frustrierend, doch noch viel schlimmer war, dass viele Ärzte mich als Simulanten und Lügner darstellten.

Wie fühlte sich das an?

Unglaublich erniedrigend. Ich habe mich verloren gefühlt und mich immer gefragt, was mit mir nicht stimmt. Zum Glück hat meine Mutter mir immer geglaubt und zu mir gehalten. Sie hatte vom 14. bis 21. Lebensjahr die gleichen Schmerzen wie ich. Mit meiner Geburt ließen diese nach. Doch sie wusste, wie ich mich fühlte.

Wann kam es schließlich zur Diagnose?

Als ich 15 Jahre alt war, gingen meine Mutter und ich zu einem auf Homöopathie spezialisierten Kinderarzt. Dieser kam auf den entscheidenden Gedanken und tippte auf eine neurologische Ursache. Bei einer Nervenbiopsie zeigten sich verdächtige Ablagerungen und brachten Gewissheit. Als die Diagnose Morbus Fabry dann endlich fiel, war ich ungemein erleichtert. Nun wusste ich endlich, was ich hatte, und es gab einen Beweis, dass ich kein Simulant war. Es wurden eine Stammbaumanalyse, eine Blutentnahme und ein Trockenbluttest durchgeführt, und auch meine Mutter bekam dann die Diagnose Morbus Fabry. Von da an waren wir in der Uniklinik in Mainz Patienten. Das war damals die einzige Klinik in Deutschland, die sich mit Morbus Fabry beschäftigte, und dort gab es mehrere Patienten mit Morbus Fabry – es fühlte sich gut an, nicht allein mit seinem Schicksal zu sein.

Sie haben dann an einer Studie teilgenommen. Bitte erzählen Sie davon.

Im Jahr 2002 begann eine Kinder- und Jugendstudie zur Enzymersatztherapie, an der ich teilnehmen durfte. Alle zwei Wochen bin ich ins 180 Kilometer entfernte Mainz gefahren, um dort das Medikament über eine Infusion zu bekommen. Als die Studie beendet war, habe ich die Infusion bei meinem Hausarzt bekommen. Seit 2009 bekomme ich die Enzymersatztherapie als Heimtherapie.

Beschreiben Sie ein Leben mit Schmerzen.

Ich lebe dauerhaft mit Schmerzen am gesamten Körper. Ich stehe mit Schmerzen auf und gehe mit Schmerzen ins Bett. Nach über 28 Jahren ist es für mich leichter, anzugeben, was mir nicht wehtut. Manchmal werden sie schubweise stärker, zum Beispiel beim Wetterumschwung, bei zu viel Stress, einem Infekt oder zu starker körperlicher Beanspruchung.

Ich hatte das große Glück, dass bei Diagnose noch keine Organe beteiligt waren und ich schnell mit der Therapie beginnen konnte. Dadurch geht es mir im Vergleich zu vielen anderen Fabry-Patienten recht gut, bis auf die chronischen Schmerzen.

Wir lernen Sie als einen sehr positiven, lebensbejahenden Menschen kennen – wie machen Sie das?

An ein Leben ohne Schmerzen kann ich mich nicht erinnern und ich habe gelernt, die Schmerzen zu akzeptieren. Keiner weiß, wie alt ich werden kann, und aus diesem Grund mache ich jeden Tag das Beste daraus. Ich arbeite, fahre in den Urlaub und genieße jeden Tag so gut es geht. Mein Motto ist: „Ich mache alles, was ich kann, solange ich es noch kann.“

Sind Sie mit anderen Morbus-Fabry-Patienten im Austausch?

Ja, das ist mir sehr wichtig. Da ich damals einer der ersten Jugendlichen war, der die Möglichkeit hatte, die Enzymersatztherapie zu bekommen, habe ich einen gewissen Erfahrungsschatz und unterstütze gern andere, wenn sie Fragen haben. Aus diesem Grund bin ich in der Selbsthilfe aktiv und ich kann jedem Fabry-Betroffenen nur raten, in Kontakt mit anderen Betroffenen zu treten. Gerade bei einer seltenen Erkrankung ist es wichtig zu realisieren, dass man nicht allein ist – das macht vieles leichter.


Hier finden Betroffene Hilfe:

Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e. V

In Deutschland sind derzeit etwa 1.200 Morbus-Fabry-Patienten diagnostiziert, wobei eine hohe Dunkelziffer vermutet wird. Es ist wichtig, dass betroffene Patienten sichtbarer werden, sich gegenseitig mit Informationen über Kliniken und neue Therapieansätze versorgen und im persönlichen Austausch stehen. Mit mittlerweile über 200 Mitgliedern versucht die Morbus Fabry Selbsthilfegruppe (MFSH) unter anderem, in der Politik und in der Forschung auf dieses Krankheitsbild aufmerksam zu machen.

Weitere Informationen unter: https://fabry-shg.org


 

„Patienten fangen an zu weinen, wenn sie endlich eine Diagnose erhalten“, sagt Prof. Dr. Ralf Baron über den Moment der Diagnose Morbus Fabry. Im Interview spricht er über die seltene Stoffwechselerkrankung und darüber, wie sie sich einfach diagnostizieren lässt.

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